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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zhg1981/0226
Neues Schrifttum

bericht zu geben. Er hat zwar vor allem die Regelung von 1883, die bis 1914 Gültigkeit haben sollte,
im Auge, konfrontiert diese aber ständig mit den vorausgehenden 10 Jahren.

Die sorgsam gegliederte Arbeit machte zugleich ein eigenes Sachregister entbehrlich, ein
Uberblick läßt sich sehr viel leichter aus dem detaillierten Inhaltsverzeichnis gewinnen. Ein Register
der zitierten Gesetze am Ende des Bandes erleichtert zudem die weitere Arbeit mit dem Thema.

Zwar ist die Arbeit Stumps ganz ausschließlich auf Preußen konzentriert, bezieht weder
benachbarte Länder noch die vorhergehende oder nachfolgende Entwicklung mit ein. Angesichts
des Umfangs der Materie wäre ein solches Unterfangen auch kaum realisierbar gewesen. Im übrigen
kann diese gründliche und scharfsinnige Dissertation, die nicht nur von Rechtshistorikern, sondern
auch von den Verwaltungshistorikern beachtet werden sollte, als ausgezeichnete Arbeit angesehen
werden, die höchstes Lob verdient. Ohne Zweifel wird sie die Diskussion um den preußischen
Verwaltungsstaat in der Zeit des Kaiserreichs auf eine neue Grundlage stellen.

Pfungstadt J. Friedrich Battenberg

David Blackbourn: Class, religion and local politics in Wilhelmine Germany. The Centre Party in
Württemberg before 1914. Wiesbaden: Steiner 1980, zugleich Yale Univ. Pr. XV, 267 S.
(Veröffentlichungen des Instituts für Europäische Geschichte Mainz. Abt. Universalgeschichte
Beiheft 9.)

Begänne man Blackbourns Buch von seiner Bibliographie her zu rezensieren, so wäre zunächst
festzustellen, daß es immer wieder nichtdeutsche Historiker sind, die sich mit der Geschichte des
Zentrums im kaiserlichen Deutschland befassen. So etwa, um zwei neuere Arbeiten zu nennen, R.
G. Ross: Beleagered Tower: The dilemma of Political Catholicism in Wilhelmine Germany. Notre
Dame, Indiana 1976. Dann/. K. Zeender: The German Centre Party 1890-1906. Philadelphia 1976.
Blackbourn hat nun mit seiner Arbeit über das Zentrum in Württemberg eine weitere Lücke
geschlossen. Die zweite Beobachtung wäre, daß in Blackbourns Buch offensichtlich weniger von
Kirche, Konfession, kirchenpolitischer Interessenvertretung als von wirtschaftlichen und sozialen
Belangen, insbesondere aber vom Mittelstand die Rede ist. D. h. der Verfasser hat für seine Arbeit
einen dezidiert neuen Ansatz gesucht und ihn von der Frage her, warum denn in Württemberg noch
ein Zentrum entstand, obwohl der Kulturkampf vorbei war und keine katholische Partei mehr der
Kirche wegen auf die parlamentarischen Barrikaden zu steigen brauchte, denn auch gefunden. Es
gab - so sein Befund - in Württemberg um 1890 keine Partei, die speziell mittelständische Interessen
vertreten hätte. Zu den vorrangig mittelständisch geprägten, wenn man will zugleich rückständigen
Regionen gehörten nun gerade die Gebiete mit überwiegend katholischer Bevölkerung. Diese
politisch zur Geltung zu bringen und sie zugleich aus dem politischen Abseits herauszuholen, war
denn auch Anlaß und Hintergrund der Parteigründung. Diese Interessen-orientiertheit der Partei
wertet Blackbourn als Beweis dafür, daß eben auch das Zentrum keine für das wilhelminische
Deutschland untypische Partei war. Freilich sollte der Widerspruch, daß das Zentrum als
Vertretung der katholischen Bevölkerung insgesamt eben doch mehr sein wollte, immer wieder zu
inneren Spannungen und Differenzen führen, für den Verfasser ein zweites Charakteristikum des
württembergischen Zentrums, seine Labilität. Den dritten Strang, den Blackbourn herausarbeitet,
ist der permanente Zug nach rechts bis hin zum Bund mit den Konservativen. Die Ursachen gerade
der Vorrang der Mittelstandspolitik, dies insbesondere im Agrarbereich, aber auch das Bedürfnis,
durch Mitarbeit das Odium der Inferiorität loszuwerden. Um diese Grundlinien sind dann all die
anderen Fragen gruppiert, das Verhältnis der Landespartei zum Zentrum im Reich, zu den anderen
Parteien in Württemberg, Struktur- und Führungsfragen, die christlichen Gewerkschaften, die
Wahlen und immer wieder der Blick auf die mittelständische Basis, ihre wirtschaftliche Lage, ihre
Klagen und Forderungen. Parteigeschichte also von unten gesehen, freilich ohne jede Einseitigkeit.
Im Ganzen unter Verwendung eines weitgestreuten Materials aus Archiven, aus Privatbesitz und
zeitgenössicher Literatur, eine intelligente, nuancenreiche und flüssig geschriebene Arbeit, die man
gern als Muster für die Aufarbeitung regionaler Parteigeschichte empfehlen möchte.

Mainz Hugo Lacher

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