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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zhg1982/0045
Die gewerbliche und industrielle Entwicklung im Haigerlocher Raum

Im Jahr 1908 existierten im gesamten Regierungsbezirk Sigmaringen sechs gewerbliche
Fortbildungsschulen: in Sigmaringen, Hechingen, Ostrach, Burladingen, Empfingen und
Haigerloch. Insgesamt besuchten in diesem Jahr 410 Schüler diese Fortbildungsschulen.
Haigerloch hatte damals 39 Schüler und lag somit unter der durchschnittlichen Schülerzahl von
68,3 pro Fortbildungsschule.

Am 1. April 1904 wurde nach Anhörung der beteiligten Gewerbetreibenden und Arbeiter
ein Ortsstatut der gewerblichen Fortbildungsschule in Haigerloch erlassen180:

Die gesetzliche Schulpflicht zum Besuch der Gewerbeschule wurde bis zum 17. Lebensjahr
eingeführt für alle im Gemeindebezirk Haigerloch beschäftigten gewerblichen Arbeiter (Gesellen
, Gehilfen, Lehrlinge) mit Ausnahme der Handlungsgehilfen und -lehrlinge. Ungelernte
Arbeiter waren nicht gewerbeschulpflichtig.

Die Schultage und -stunden wurden vom Gemeindevorstand festgesetzt. Befreit vom
Schulbesuch waren gewerbliche Arbeiter, die nachweisen konnten, daß sie die Kenntnisse und
Fähigkeiten bereits besaßen, die in der Gewerbeschule gelehrt wurden, und diejenigen, die eine
Innungs- oder andere Fortbildungs- oder Fachschule besuchten. Auch freiwillige Schüler
konnten in die Gewerbeschule von Haigerloch aufgenommen werden.

Disziplin und Ordnung in der Schule waren streng geregelt. Gefordert wurden ausreichende
Entschuldigungen bei einem Versäumnis, rechtzeitiges Erscheinen zum Unterricht, gutes
Betragen in der Schule und auf dem Schulweg, reinliche Hände und Kleidung u. ä. Zuwiderhandlungen
konnten bis zu 20 M Strafe nach sich ziehen. Dies war nach § 150 Nr. 4 der
Gewerbeordnung in der Fassung der Bekanntmachung vom 26. Juli 1900 erlaubt.

Interessant ist v. a. der § 5 des Ortsstatuts. Er gibt Einblick in das zeittypische Verhältnis
bzw. Verständnis der Eltern und Vormünder zur gewerblichen Fortbildungsschule. Darin
heißt es, daß Eltern und Vormünder ihre Kinder bzw. Mündel nicht vom Schulbesuch abhalten,
sondern vielmehr dazu anhalten sollen. Die Erziehungsberechtigten besaßen damals wohl
großenteils eine gleichgültige, wenn nicht negative Einstellung zur gewerblichen Fortbildungsschule
. Wichtig war für sie der Lohn, den die Kinder mit nach Hause brachten. Bildung wurde
oft als überflüssig erachtet.

Ähnlichen Inhaltes sind die §§ 6 und 7. Sie regeln die Pflichten des Arbeitgebers gegenüber
dem Schulpflichtigen bzw. der Schule. Die An- und Abmeldungen der Schüler bei der
Gewerbeschule hatten vom Arbeitgeber zu erfolgen. Ferner mußte jeder schulpflichtige
Arbeiter so zeitig von der Arbeit weggeschickt werden, daß er, soweit nötig, gereinigt und
umgekleidet am Unterricht teilnehmen konnte. Bei Krankheiten war eine Bescheinigung des
Gewerbeunternehmens erforderlich. Auch die Einstellung der Arbeitgeber zur Schulpflicht
ihrer Arbeiter war allgemein keineswegs positiver als die der Eltern. Für jene zählte oft nur die
Arbeitskraft der Lehrlinge und Gesellen, d. h. der materielle Gewinn.

Verstöße gegen die §§5,6 und 7 wurden mit einer Geldstrafe bis zu 20 M bzw. bis zu drei
Tagen Haft geahndet.

Außergewöhnlich für jene Zeit war das Haigerlocher Ortsstatut für die gewerbliche
Fortbildungsschule nicht. Ein entsprechendes Ortsstatut für Empfingen, das ebenfalls am 1.
April 1904 in Kraft trat, enthielt die gleichen Strafbestimmungen und im allgemeinen auch
ähnliche Regelungen.

Die ersten Frauenarbeitsschulen wurden in Hohenzollern im Jahre 1875 in Sigmaringen und
1885 in Hechingen gegründet181.

In Haigerloch wurde 1890 eine private Haushaltungsschule errichtet. Ihr Träger war der
Haigerlocher Frauenverein. Die Schule wurde jährlich mit 150 M vom Amtsverband und mit
125 M vom Frauenverein bezuschußt. Das Schulgeld betrug monatlich 2 M. Es unterrichteten

180 SAS, Ho 202, PO AH 1375.

181 Wiest (wie Anm. 33) S. 148.

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