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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zhg1982/0067
Die gewerbliche und industrielle Entwicklung im Haigerlocher Raum

ge der Spinnerei nicht ohne Lebensgrundlage, da der Fabrikverdienst nicht ihre ausschließliche
Erwerbsquelle darstellte. Durch die Bindung an ihren Besitz blieben die Arbeiter der Fabrik
meist längere Zeit als Facharbeiter oder zumindest als angelernter Arbeiter erhalten282.
Die Arbeiterzahl pendelte sich in fürstlicher Zeit zwischen 100 und 110 ein283.

Im Jahr 1856 stammten von insgesamt 109 Arbeitern aus284

Gruol : 1 Stetten : 9 Haigerloch : 20

Bittelbronn : 9 Weildorf : 14 Trillfingen : 40

Alle diese Orte liegen in der näheren Umgebung Haigerlochs. Daß kaum ausländische oder
weit entfernt wohnende Arbeiter beschäftigt wurden, war schon im Gründungsmotiv des
Fürsten Karl impliziert. Von Vorteil war auch, daß fast alle Arbeiter abends nach Hause gehen
konnten und so teure Übernachtungs- und Essenskosten einsparten.

Die Arbeitszeit eines normalen Arbeitstages dauerte in den Anfangsjahren der Spinnerei
13 Stunden. Bei Eintritt von Wassermangel (vgl. Kap. 3.5.2.) konnte die Arbeitszeit bis zu 15
bzw. 17 Stunden ausgedehnt werden. Nach einer solch langen und anstrengenden Arbeit noch
eine bis eineinhalb Stunden zu Fuß nach Hause zu gehen und bereits vor Sonnenaufgang wieder
den Weg zur Fabrik anzutreten, war für die Arbeiter sehr beschwerlich. Diese Zustände
erregten - wie bereits erwähnt wurde - den Unmut zahlreicher Arbeiter, vor allem den der
Spinner.

Besonders bei schlechter Witterung, Winterskälte, Glatteis etc. war diese Situation äußerst
hart. In diesen Zeiten erkrankten relativ viele Arbeiter. Zahlreiche Arbeiter kündigten trotz
Lohnerhöhungen wegen der häufigen Arbeitszeiten bis Mitternacht, weil sie die übermäßige
Belastung nicht auf sich nehmen wollten bzw. konnten285.

Im Oktober 1857 waren in Karlstal 35 Kinder unter 16 Jahren beschäftigt, obwohl
Kinderarbeit durch eine Verordnung vom 16. Dezember 1856 in Hohenzollern eingeschränkt
worden war286. Die Eltern der in der Spinnerei beschäftigten Kinder bemühten sich in einem
Gesuch, eine Dispensation von den Bestimmungen dieser Verordnung zu erhalten. Sie
begründeten die Notwendigkeit der Mitarbeit ihrer Kinder mit ihrem niedrigen Einkommen.
Diese Reaktion der Eltern ist zeittypisch. Es zählte mehr die Arbeitskraft der Kinder als deren
physisches und psychisches Wohl . Nachweise über Kinderarbeit in der Fabrik Karlstal unter
fürstlicher Verwaltung aus anderen Jahren konnten nicht ermittelt werden.

Allgemein kann festgestellt werden: Kinder wurden in der Textilindustrie wegen ihrer
geringen Körpergröße und ihrer kleinen Hände besonders gern zu Hilfsdiensten eingesetzt: Sie
mußten gerissene Fäden knüpfen, auf- und abspulen, Maschinen putzen und darunter
zusammenkehren, Abfälle verlesen etc.288. Vor allem in technisch rückständigen Betrieben war
die kindliche Arbeitskraft erforderlich. In modern eingerichteten Firmen konnte die Arbeit,
die die Kinder zu verrichten hatten, maschinell ausgeführt werden289. Da Karlstal - wie in

282 Ebd. 22298.

283 SAS, Ho 202, POAH 278, 370.

284 Ebd. Ho 235, Pr. Reg. I, VI, E, 232 vol. I.

285 FAS, NVA 22295.

286 SAS, Ho 202, POAH 1555.

287 Vgl. H. Christmann, Bemerkungen zur Frage der Kinderarbeit in der württembergischen Gewerbsindustrie
in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts. Zur Geschichte der Industrialisierung in den
südwestdeutschen Städten (Stadt in der Geschichte Bd. 1) S. 40-56. K.-H. Ludwig, Die Fabrikarbeit von
Kindern im 19. Jahrhundert. Ein Problem der Technikgeschichte: In: Vierteljahresschrift für Sozial- und
Wirtschaftsgeschichte 52. 1965 Heft 1, S. 63-85.

288 Christmann (wie Anm. 287) S. 43 ff. Ludwig (wie Anm. 287) S. 69.

289 Ludwig (wie Anm. 287) S. 71 ff. Vgl. Borscheid (wie Anm. 26) S. 365.

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