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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zhg1982/0076
Agathe Kempf

stärker zur Mitverantwortung herangezogen. Ferner gehörten dem Vorstand an ein Vertreter
der Firma als Vorsitzender und ein Kassenführer. Der Vorstand vertrat die Kasse juristisch.

Die Generalversammlung bestand nun aus allen (nicht mehr nur den männlichen volljährigen
) Mitgliedern der Kasse, die sich im Besitz der bürgerlichen Ehrenrechte befanden, außer
den freiwilligen Mitgliedern317. Die Generalversammlung wählte aus ihrer Mitte fünf Arbeiter
in den Vorstand. Sie trat jährlich zweimal zu ordentlichen und bei Bedarf zu außerordentlichen
Sitzungen zusammen.

In sozialer Hinsicht waren zahlreiche Verbesserungen eingetreten318: Die Kasse zahlte ein
festes Krankengeld bzw. übernahm die Kurkosten. Der Mutterschutz dauerte bis drei Wochen
nach der Geburt. Für diese Zeit wurde finanzielle Unterstützung gewährt. Das Sterbegeld
wurde in Höhe des 20fachen Betrages des ortsüblichen Tageslohns gezahlt. In bescheidenem
Maße wurde auch an die arbeitslosen Arbeiter gedacht: Sie hatten für drei Wochen bzw.
höchstens für die Dauer ihrer bisherigen Fabrikzugehörigkeit Anspruch auf die Leistungen der
Kasse, zahlten jedoch keinen Beitrag.

Die Mitgliedschaft in der Fabrikarbeiterkasse Karlstal war für alle Betriebsangehörigen
obligatorisch. Ausnahmen wurden gewährt, wenn die Arbeiter nachweisen konnten, daß sie
Mitglied einer anderen gesetzlich erlaubten Hilfskasse waren. Die Oberaufsicht über die
Fabrikarbeiterkrankenkasse Karlstal kam dem preußischen Regierungspräsidenten in Sigmaringen
zu, der sie vom Haigerlocher Oberamtmann wahrnehmen ließ319.

Im Jahr 1873 gab es in Hohenzollern folgende Fabrikkrankenkassen:
seit 1838 Karlstal

seit 1850 mechanische Spinnerei und Weberei Laucherthal
seit 1858 Eisenhüttenwerk Laucherthal

seit 1859 Knappschaftskasse der Hohenzollernschen Lande (Saline Stetten)
seit 1864 Maschinenfabrik Constantin Bosch in Bingen
seit 1869 B. Baruch, Spinnerei in Hechingen

seit 1870 Krankenunterstützungsverein für Gesellen, Gehilfen, Dienstboten und
Lehrlinge der Stadt Hechingen

Die meisten Fabrikkrankenkassen in Hohenzollern waren erst nach der Einführung des
Gesetzes von 1856 entstanden. Karlstal besaß die älteste Fabrikarbeiterhilfskasse in Hohenzollern
, wenn man von eventuell ehemals existierenden, bereits aufgelösten derartigen Vereinen
absieht. Karlstal bot seinen Arbeitern schon sehr früh - nämlich fast ein halbes Jahrhundert
bevor es gesetzlich verpflichtend war - einen für damalige Verhältnisse relativ guten Schutz bei
Unglücksfällen, Krankheiten und Invalidität. Die Bismarcksche Sozialgesetzgebung, die eine
weltweite Pionierleistung in dieser Hinsicht vollbrachte, setzte erst in den 80er Jahren des
vorigen Jahrhunderts ein: 1883 die Krankenversicherung, 1884 die Arbeitsunfallversicherung
und 1889 die Alters- und Invalidenversicherung für gewerbliche Arbeiter 32°. Eine Sicherung für
Arbeitslose wurde im Betrachtungszeitraum weder für Karlstal im Rahmen der betrieblichen
Fürsorge noch auf gesetzlichem Wege eingeführt321.

317 Als freiwillige Mitglieder galten solche Arbeiter, die nach dem Austritt aus der Firma auf eigenen
Antrag Mitglieder der Kasse blieben.

318 Vgl. Zahlenmaterial im Anhang.

319 SAS, Ho 235, Pr. Reg. I, VI, S. 2034.

320 Funkkolleg Geschichte (wie Anm. 294) S. 138.

321 Ebd. S. 138: Die gesetzliche Arbeitslosenversicherung wurde 1927 eingeführt.

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