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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zhg1982/0097
Die gewerbliche und industrielle Entwicklung im Haigerlocher Raum

Nach Kriegsende nahm die Spinnerei ihre normale Produktion mit Makkogarnen wieder
auf. Die Wiederinbetriebnahme wurde dadurch erleichtert, daß Meyer noch aus der Vorkriegszeit
Baumwolle in der Schweiz gelagert hatte, deren Verschickung nach Karlstal durch den
Kriegsausbruch verhindert worden war. Damit hatte Meyer einen Startvorsprung vor anderen
Makkospinnereien, was sich in der Folgezeit sehr positiv auswirkte. In der Periode zwischen
den beiden Weltkriegen nahm die Produktion einen guten Verlauf. Karlstal war das größte
Industrieunternehmen des unteren Eyachtals, es beschäftigte rund 110 Arbeiter.

Während des 2. Weltkrieges mußte die Fertigung wieder eingestellt werden. In der Spinnerei
wurde Kriegsindustrie eingerichtet. Die Deutsche Lufthansa belegte die Spinnsäle und die
Werkstatt mit einem Reparaturbetrieb.

Nach dem Zusammenbruch im Jahr 1945 wurde die Fabrik geplündert und viele Sachwerte
zerstört406. Abermals kam Karlstal - wie nach dem 1. Weltkrieg - ein Glücksfall zu Hilfe.
Einige Maschinen waren während des Krieges in Nachbargemeinden untergebracht worden
und dadurch der Entwendung oder Zerstörung entgangen. So konnte bereits 1946 der
Spinnereibetrieb wieder aufgenommen werden407. Die Fabrik verzeichnete bei durchschnittlich
gleichbleibender Arbeiterzahl bis Ende der 1950er Jahre die hohe Produktionssteigerung von
150%.

Absatz fanden die Garne von Karlstal v. a. bei den schwäbischen Textilfabriken der
Steppdecken- und Trikotagenindustrie des Bezirks Ebingen-Tailfingen408.

Einen tiefen Einschnitt in den Betriebsverlauf - wohl den tiefsten seit der Übernahme der
Spinnerei durch die Familie Meyer-brachte das Jahr 1975. Die Produktion der Makkospinnerei
Karlstal wurde am 30. September 1975 eingestellt. Die den deutschen Markt überflutenden
Billigpreisimporte an Baumwollgarnen aus Ländern mit sehr niedrigem Lohnniveau, besonders
aus Griechenland und der Türkei, hatten seit Jahren viele deutsche Spinnereien ruiniert. Seit
dem 2. Weltkrieg waren rund zwei Drittel der deutschen Spinnereien aus dem Markt
ausgeschieden.

Die Herstellungskosten von Karlstal wurden von ausländischen Firmen stark unterboten.
Eine Weiterproduktion hätte bei der täglichen Produktionsmenge von 500 kg Garnen einen
Verlust von 1000 DM pro Tag bedeutet. Trotz Investitionen und Reorganisation noch in den
Jahren 1974/75 war eine Stillegung nicht mehr zu umgehen gewesen409. Die Spinnmaschinen
wurden zu billigen Preisen nach Guatemala verkauft410.

Die Familie Meyer gab dennoch nicht auf. Sie spezialisierte sich auf die Herstellung von
Bettwäsche und Maschenstoffen. Heute firmiert sie unter dem Namen »Dorima«. Im Besitz der
Familie Meyer ist Karlstal nun in 4. Generation411.

4. Zusammenfassung und Wertung

Soziale Probleme, Armut, Überbevölkerung etc. gab es in Hohenzollern in der ersten
Hälfte des 19. Jahrhunderts in ausgeprägtem Maße. Die Landesfürsten in Hechingen und
Sigmaringen standen diesen Schwierigkeiten und Problemen teils hilf- und machtlos, teils auch
uninteressiert und gleichgültig gegenüber. Ausmaße und Folgen der sozialen Misere wie in
größeren Ballungsräumen und industriellen Zentren kannten die Hohenzollerischen Lande

406 H. Meyer, Die Makkospinnerei Karlstal. In: Sondergabe der Hohenzollerischen Landeszeitung.
Heimattag der Stadt Haigerloch [1929] S. 23.

407 Betriebsakten Karlstal. Schwäbische Heimatpost, Nr. 113 vom 28. September 1949.

408 Westdeutsche Wirtschaftschronik Bd. II (wie Anm. 186) S. 560. Theiss, Baumhauer (wie Anm. 35)

5. 175.

409 Betriebsakten Karlstal.

410 Mündliche Auskunft von Herrn Manfred Meyer.

411 Lazi (wie Anm. 1.) S. 394.

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