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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zhg1982/0120
Wilhelm Haase

Dem ehemaligen Reichsadel werden die.. .Patrimonial - und Forstgerichtsbarkeit... und der
privilegierte Gerichtsstand zugestanden. Diese Rechte werden jedoch nur nach Vorschrift der
Landesgesetze ausgeübt.

Eine weitere Gemeinsamkeit war: Beide Fürstentümer gehörten zum Gebiete des Gemeinen
Rechts, das nur teilweise durch Partikulargesetze modifiziert und abgelöst worden war.

Die Hechinger Regierung teilte noch im Jahre 1842 der Stuttgarter Regierung auf Anfrage-
es ging um das Obertribunal Stuttgart als 3. Instanz für Hechinger Sachen- mit, daß keine
Gesetze und Verordnungen erlassen worden seien, welche die in Zivil- und Kriminalsachen
geltenden gemeinen Rechte und das Verfahren in bürgerlichen und Strafprozessen modifizierten9
.

Für das Sigmaringer Fürstentum heißt es in einem vom Hofgericht an die Regierung nach
dem Übergang an Preußen erstatteten Bericht vom 18. 5. 1850 : Für bürgerliche Rechtsstreitigkeiten
gilt das s.g. gemeine Recht, d.h. die durch Reichsgesetze, Bearbeitung von Rechtsgelehrten
, Gerichtspraxis, deutsche Rechtsinstitute und Partikulargesetze näher bestimmte und
modifizierte römische Gesetzgebung und das kanonische Recht. Es folgen einige im Fürstentum
gültig gewesene Partikulargesetze. Später heißt es in dem Bericht, das Rechtsverfahren richte
sich im allgemeinen nach dem gemeinen deutschen Prozeß. Auch hier werden einige das
gemeine Recht modifizierende Gesetze angegeben. Auf dem Gebiet des Strafrechts wurde in
Sigmaringen das bis dahin im wesentlichen geltende gemeine Recht im Jahre 1848 durch die
Einführung des badischen Straf- und Strafprozeßgesetzbuchs (allerdings mit einigen Abänderungen
) abgelöst11.

Beide Fürstentümer kannten ferner die in Artikel 12 der deutschen Bundesakte vorgesehene
Möglichkeit, daß die Parteien einen Rechtsstreit, zu denen in diesem Sinne auch der Inquisit
(Angeklagte) eines Kriminalverfahrens zu rechnen war, die Versendung der Akten an eine
deutsche Juristenfakultät oder einen Schöppenstuhl beantragen konnten. In Sigmaringen war
diese Möglichkeit seit 1833 sogar verfassungsrechtlich verankert12. Hierbei handelte es sich
entweder lediglich um die Einholung eines Rates oder Gutachtens oder um die Versendung zum
Spruch, d. h. also, daß einem solchen Kollegium auf Antrag auch der eigentliche Richterspruch
selbst übertragen werden konnte. In dem zuletzt erwähnten Fall ähnelte die Aktenversendung
einem Rechtsmittel13.

In Strafsachen war die Aktenversendung nach einem Bundesbeschluß des Jahres 1834 ab
1. Januar 1837 dann nicht mehr zugelassen, wenn diesem Kollegium der Urteilsspruch selbst
übertragen werden sollte14.

Auf dieser Rechtsgrundlage war in Sigmaringen schon im Jahr 1817 die Aktenversendung an
Stelle der Revision auch kraft fürstlicher Verordnung vorgesehen15. Später verwiesen die von
beiden Fürstentümern anläßlich der Errichtung einer obersten gerichtlichen Instanz beim
Obertribunal in Stuttgart16 vereinbarten Oberappellationsgerichtsordnungen auch auf die

9 StAS Ho 6 Akten 330, 63.

10 StAS NVA II 4240.

11 SGSVIII85.

12 SGS IV 15 § 59.

13 Im einzelnen vgl. zu diesem heute aus dem Gedächtnis entschwundenen, ja recht eigenartig
anmutenden Institut: Martin S. 142-144, 625; Klugkist in Juristenzeitung 1967, S. 155-158.

14 Klugkist (wie Anm. 13); Ulrich Bergemann, Rezension in ZHG 5 (1969) S. 245; StAS NVA II
6273.

15 SGS I 193.

16 Vgl. hierzu S. 131-132.

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