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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zhg1982/0140
Wilhelm Haase

Jungnau (einschließlich des auf dem linken Donauufer gelegenen Teils der Herrschaft Meßkirch
) und Trochtelfingen des Fürsten von Fürstenberg, die Standesherrschaften Ostrach und
Straßberg des Fürsten von Thum und Taxis und die reichsritterschaftlichen Herrschaften
Gammertingen und Hettingen der Freiherren von Speth214. Dieser mediatisierte, bis dahin
reichsunmittelbare Adel mußte seine Besitzungen unter die Souveränität des neuen Landesherrn
, des Fürsten von Hohenzollern-Sigmaringen, stellen, behielt aber zunächst in seinen
Gebieten die sogenannten Patrimonialrechte.

Nach damaliger Rechtslage bewahrten die Mediatisierten außer ihrem Eigentum diejenigen
Rechte, die nicht als Ausfluß der Staatsgewalt betrachtet wurden und nicht zu den höheren
Regierungsrechten zählten. Hierzu gehörte neben Verwaltung und Polizei ein wesentlicher Teil
der Rechtspflege (Patrimonialgerichtsbarkeit). Ausdrücklich hatte Art. 14 der Deutschen
Bundesakte bestimmt, daß die Ausübung der bürgerlichen und der peinlichen Gerechtigkeitspflege
in erster und, wo die Besitzung groß genug war, auch in zweiter Instanz, ferner die
Forstgerichtsbarkeit den Mediatisierten verbleiben sollten. Für die Untertanen war die
Veränderung deshalb auch kaum spürbar geworden. Die Mediatisierten andererseits blieben
gewissermaßen »Unterlandesherren«215.

Zu erklären ist diese uns heute eigenartig erscheinende Lage daraus, daß die Ausübung der
Gerichtsbarkeit als Folge der Herrschaft über Grund und Boden betrachtet wurde. Mit ihr
verbunden war das Recht auf die Einkünfte aus der Rechtspflege. Freilich hatten die
Mediatisierten als Gerichtsherren auch Aufwendungen, z. B. für Besoldung des Gerichtspersonals
, Unterhaltung der Gebäude und Versorgung mittelloser Inhaftierter216. Bei rein wirtschaftlicher
Betrachtungsweise werden sich also vielfach Vorteile für die Gerichtsherren kaum
ergeben haben217. Man betrachtete die Ausübung der Jurisdiktion als zu den Ehrenrechten der
Mediatisierten gehörig. Immerhin handelte es sich auch um ein Recht mit Vermögenswert, das
ablösbar, abtretbar, ja einer entschädigungslosen Aufhebung durch Gesetz zugänglich war218.
So konnte es, wie noch darzulegen sein wird, später zum Abschluß von Verträgen über die
Ausübung der Gerichtsbarkeit kommen219.

Die Eigenschaft als Patrimonialamt kam teilweise auch in den Bezeichnungen zum
Ausdruck. Sie lauteten beispielsweise Hochfürstlich Hohenzollern Sigmaringisches Freiherrlich
v. Speth Obervogteiamt oder Hochf. Hohem. Fürstl. Thum- und Taxisches Oberamt12,0.

214 Über das Justizwesen in Jungnau vor dem Übergang an Hohenzollern vgl. Thea Lahn, Studien zur
Bevölkerungsgeschichte der Herrschaft Jungnau in fürstenbergischer Zeit (17. und 18. Jahrhundert). In:
ZHG 13 (1977) S. 32-33.

215 Art. 26 und 27 der Rheinbundakte, in Übersetzung abgedruckt bei Baur, VI. Heft. S. 144; Art. 14 der
Deutschen Bundesakte, abgedruckt bei Huber, Dokumente S. 84 ff; siehe auch WoBlSi 1815, 102-104,
106-108; Wiest S. 222; Ziegler S. 12 Anm. 23; Lohner S. 20-21; Gollwitzer S. 20, 72-73. - Eine
gutsherrliche Patrimonialgerichtsbarkeit hat es in Hohenzollern nicht gegeben.

216 Vgl. z.B. SGS III 195 Nr. 16, VII 151 § 1, V 255 § 46.

217 Als Beispiel sei erwähnt: Anlässlich von Erörterungen über die Abtretung der Gerichtsbarkeit der
Herrschaft Trochtelfingen an den Landesherrn gab die Fürstliche Fürstenbergische Domänenkanzlei den
Ertrag an Gerichtsgefällen mit 3342 fl, den Aufwand mit 3767 fl für das Rechnungsjahr 1840-1841 an. Sie
errechnete gleichwohl einen Ertragsüberschuß von 526 fl, weil in dem Aufwand ein Betrag von 951 fl
enthalten sei, den eine außerordentlich bedeutende Untersuchungssache verursacht habe, die auf keinen Fall
für die Beurteilung des künftigen Ertrages der Gerichtsbarkeit maßgebend sein könne. StAS NVA II 4342.
Zu einer Abtretung kam es damals nicht.

218 Döhring S. 108; Stölzel Bd. I S. 26, 27; Gollwitzer S. 81, 124-125, 130-131, 385-387.

219 Zur Orientierung sei ganz allgemein auf eine umfassende Deklaration über die staatsrechtlichen
Verhältnisse des vormals reichsunmittelbaren Adels im benachbarten Königreich Württemberg verwiesen,
RegBl 1821, 879, besonders auf die Abschnitte III und V. Eine ähnlich umfassende Regelung gab es in
Hohenzollern-Sigmaringen nicht.

220 WoBlSi 1822, 22; 1833, 31; vgl. hierzu allgemein: Gollwitzer S. 72.

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