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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zhg1982/0148
Wilhelm Haase

B.3.2.4 Appellationsgericht - Hofgericht - Regierung - Geheime Konferenz - Gerichtsstand
der Eximierten

Während bei Amtern, Städten und Landgemeinden Justiz und Verwaltung verbunden
geblieben waren, solange das Fürstentum bestand, vollzog sich im Laufe der ersten Hälfte des
vorigen Jahrhunderts in der höheren Instanz eine Trennung. Unter »höherer« Instanz verstehen
wir hier sowohl die Stellung eines Gerichts als Rechtsmittelgericht als auch seine Aufgaben als
bloßes Erkenntnisgericht in Strafsachen278 und als erstinstanzliches Gericht für die Eximierten.
Verschiedene zeitliche Abschnitte lassen sich unterscheiden.

Bis zum Jahre 1821 gab es im Fürstentum als Gericht höherer Ordnung in dem erwähnten
Sinne die Regierung als Appellationsgericht und die Regierung als Hofgericht. Das Appellationsgericht
war, wie sein Name besagt, allgemein 2. Instanz27' und Erkenntnisgericht in
Strafsachen. Urteile, die auf Todesstrafe oder 2 Jahre übersteigende Zuchthausstrafe lauteten,
bedurften der Bestätigung des Landesfürsten280. Das Hofgericht hatte bis dahin lediglich in der
bürgerlichen Rechtspflege erstinstanzliche Sachen der Eximierten zu behandeln281.

Im Jahre 1821 wurden Appellationsgericht und Hofgericht in dem nunmehr von der
Regierung getrennten Hofgericht vereinigt. Es sollte nämlich eine scharfe Abgrenzung der
Rechtspflege in höherer Instanz von der Staats- und Finanzverwaltung stattfinden2*2. Die
Trennung bezog sich freilich nur auf die äußere Organisation, nicht auf die personelle
Besetzung. JDenn Präsident und Beisitzer gehörten auch der Regierung an283.

Das Hofgericht war somit erst- und zweitinstanzliches Gericht geworden. Es war (erstinstanzliches
) Erkenntnisgericht in allen jenen Sachen, in denen das Oberamt die Untersuchung
(Inquisition) geführt hatte, aber selbst das Straferkenntnis nicht schöpfen durfte284, und
außerdem für die Eximierten zuständig. Im übrigen war es 2. Instanz gegenüber den
Oberämtern, und zwar in Zivil- und Strafsachen. Die Appellationssumme betrug 25 fl285.

Das Hofgericht hatte ferner seit der Verfassung des Jahres 1833 über Verfassungsverletzungen
zu befinden, war in solchen Sachen Untersuchungs- und Erkenntnisgericht in einem,
konnte aber nur Disziplinarmaßnahmen verhängen286.

Noch kurz bevor das Fürstentum seine Selbständigkeit aufgab, rezipierte es durch Gesetz
voml8. 10. 1848 mit Wirkung ab 1. 11. 1848 u.a. die Badische Strafprozeßordnung des Jahres
1845, allerdings mit einigen Modifizierungen287. Eine wichtige Ergänzung bestand darin, daß
entsprechend den seit 1845 geänderten politischen Verhältnissen beim Hofgericht Sigmaringen
ein Schwurgericht gebildet wurde, das das badische Gesetz noch nicht kannte. Das Hofgericht
konnte seitdem, ohne Geschworene hinzuzuziehen, nur noch auf Freiheitsstrafe bis zu
IV2 Jahren erkennen und hatte bei höheren Strafen, ferner bei politischen und Preß vergehen

278 S. 127.

279 Dies galt bis 1818, dem Zeitpunkt, als mit dem Oberappellationsgericht Darmstadt eine 3. Instanz
geschaffen wurde (vgl. hierzu S. 149), nicht für die Obervogteiämter Jungnau und Trochtelfingen. Für diese
beiden Amter blieb bis dahin die Fürstlich Fürstenbergische Justizkanzlei in Donaueschingen 2. Instanz.
SGS I 193 Nr. 10, 221.

280 SGS II 7; später wurde die Todesstrafe teilweise abgeschafft. SGS VIII 180.

281 Organisationsedikt vom 28. 10. 1817. SGS I 192 Nr. 3.

282 Organisationsedikt vom 25. 4.1821. SGS II 5; Materialien hierzu: StAS NVA II 7205; Ho 80 a-143
Paket Nr. 162 Nr. 8; VO vom 28. 6. 1822. SGS II 76.

283 Vgl. hierzu auch Publikation vom 10. 9. 1832 (SGS III 321 Nr. 3), derzufolge das Hofgericht vorerst
nur in objektiver Beziehung von der Landesregierung getrennt war. Wegen der personellen Verquickung
vgl. auch Handbuch S. 22, 26.

284 SGS I 193, VI 260, vgl. im übrigen S. 127; Beispiel für einen Urteilstenor: WoBISi 1832, 243-244.

285 VO von 1823. SGS II 120.

286 Im einzelnen §§ 192-194 der Verfassungsurkunde. SGS IV 54.

287 SGS VIII 85; Großherzoglich Badisches Regierungsblatt 1845 Beilage zu Nr. XV S. 135.

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