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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zhg1982/0150
Wilhelm Haase

Entscheidungen einem hierzu bestellten stimmführenden Mitglied des Hofgerichts, so daß das
Hof gericht in diesen Fällen nicht mehr in voller Besetzung fungierte. Diese mit dem Jahre 1829
beginnende schrittweise Aufhebung des privilegierten Gerichtsstands setzte sich fort. Im Jahre
1848 wurde er in bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten und in Sachen der freiwilligen Gerichtsbarkeit
aufgehoben301. In Strafsachen war, wie wir gesehen haben, ohnehin das Hofgericht
allgemein für das Erkenntnis zuständig, so daß es einer Ausnahmebestimmung für den
privilegierten Personenkreis nicht bedurfte. Zweifel bezüglich der Zuständigkeit der Oberämter
auch gegenüber den Eximierten hatte es aber für die sogenannte Bürgerliche Strafgerechtig-
keitspflege gegeben, da in diesen Fällen die Oberämter auch das Erkenntnis fällen durften302.
Ein Gesetz des Jahres 1840 klärte diese Fragen zu Gunsten der Ämter303.

Als das Fürstentum im Jahre 1850 an Preußen überging, gab es also im Unterschied zur
Rechtslage in Hechingen keinen privilegierten Gerichtsstand mehr304.

B.3.3 Militärgerichtsbarkeit

Im Jahre 1817 wurde für das fürstliche Militärkontingent ein Militärgericht geschaffen und
mit einem Hof- und Regierungsrat als Justitiar besetzt305. Die Zuständigkeit erstreckte sich auf
alle Bereiche der Rechtspflege, also auch auf dasjenige, was man damals als Notariat
bezeichnete306. Im Jahre 1829 wurde es unter Beibehaltung der Bezeichnung Militärgericht mit
dem Oberamt Sigmaringen verbunden, so daß dieses Oberamt seitdem insoweit für das ganze
Fürstentum zuständig war307. Über die Aufgaben im einzelnen gibt eine Verordnung des Jahres
1824 Auskunft308. Soweit es sich um Kriminalsachen handelte, war das Militärgericht für die
Unteroffiziere und Soldaten in 1. Instanz zuständig309. Hinzuzuziehen war ein Offizier, der
sich zwar in den Gang des Verfahrens nicht einschalten durfte, aber nach Abschluß seine
Ansicht äußern und Anträge stellen konnte. Wenn es nicht zu einer Einigung zwischen ihm und
dem Richter kam, konnte er eine hofgerichtliche Entscheidung verlangen. Die Strafbefugnis
entsprach derjenigen des Oberamts. Wenn der Strafrahmen überschritten werden sollte, waren
die Akten nach Abschluß der Untersuchung dem Hofgericht zum Erkenntnis vorzulegen310.
Vom Jahre 1841 ab schließlich galten für die Zuständigkeiten des Militärgerichts als Untersu-
chungs- und Erkenntnisgericht bzw. des Hofgerichts oder der Landesregierung als Erkenntnisgericht
dieselben Bestimmungen wie für das sonstige Verfahren311.

B.3.4 Gerichtsbarkeit der Rabbiner

Dem im Jahre 1837 erlassenen Gesetz über die staatsbürgerlichen Verhältnisse der israelitischen
Glaubensgenossen ist zu entnehmen, daß dieser Personenkreis bis dahin in Familien-,
Vormundschafts- und Waisensachen einer Gerichtsbarkeit der Rabbiner und jüdischen Vorste-

301 SGSVIII44.

302 Vgl. S. 141.

303 SGS V 179; vgl. auch SGS I 192 Nr. 7.

304 VOBIRegHe 1850, 124; Immediatbericht vom 2. 7. 1850.

305 WoBlSi 1817, 182. Nach Bildung einer Bürgerwehr im Jahre 1848 wurde auch ein Bürgerwehr-
Gericht geschaffen, das aber nur Disziplinarbefugnisse hatte. SGS VIII 74.

306 StAS NVA II 6347.

307 SGS III 208.

308 SGS II 142; vgl. auch den Rechenschaftsbericht für das Jahr 1838. StAS NVA II 6347.

309 Offiziere hatten den priviligierten Gerichtsstand vor dem Hofgericht, vgl. S. 147.

310 SGS II 142 Nr. II 5, Nr. II 6.

311 Provisorisches Gesetz vom 16. 2. 1841. VOBISi 49; endgültiges Gesetz vom 27. 2. 1842. SGS VI 260.

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