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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zhg1982/0157
Rechtspflege in Hohenzollern

Alsbald nach der Errichtung des Oberamtsgerichts und nach Erlaß des Exekutionsgesetzes
sah sich im Jahre 1848 der Oberamtsrichter Werner veranlaßt, die Vorsteher und Gerichte der
Gemeinden zur Erfüllung ihrer Pflichten anzuhalten369. Der Erlaß spricht z. B. davon, daß der
Kredit durch Verzögerungen und Weigerungen der Richter, den Pfändungen anzuwohnen,
immer mehr untergraben werde. An die Ortsvorsteher richtet er die Aufforderung, unter
pünktlichem Vollzüge des Exekutionsgesetzes Justiz zu leisten.

Kurz nach dem Anschluß des Fürstentums an Preußen erstattete derselbe Richter einen
Bericht an das Appellationsgericht, in dem es heißt370: Um die Schwierigkeiten zu zeigen,
erlaubt man sich, den Verlauf der Schuldklage in Kürze zu berichten. Wenn ein Gläubiger bei
den Vogtämtern einen Zins einklagt, so erhält er in der Regel keine Nachricht. Hierauf erfolgt
daher Justizverzögerungsbeschwerde, Erledigung wird aufgegeben, jedoch vergebens. Die
Vögte werden bestraft. Extraboten, Wartboten werden auf Kosten der Vögte abgesendet, was
endlich den Bericht zur Folge hat, entweder: es ist nichts Pfändbares vorhanden oder die
Mobilienschaft sei anderweitig versichert oder es sei gepfändet. Wenn nun wirklich gepfändet ist,
so geschieht kein Verkauf. Der Vogt muß wiederholt bestraft werden. Endlich wird verkauft,
entweder nicht genug erlöst oder Steuern nehmen einen Teil weg, kurz der Gläubiger wird nur
teilweise befriedigt.

Zu diesem bisher gewonnenen Bild paßt die Beurteilung, die nach dem Übergang
Hohenzollerns an Preußen der für die Uberleitung der Rechtspflege eingesetzte Justizkommissar371
in einem Bericht an das Justizministerium im Oktober 1850 niedergelegt hat. Er hatte mit
Ausnahme Achbergs alle Gerichte in dem übernommenen Landesteil besucht. Den Zustand bei
den Gerichten im Fürstentum Sigmaringen bezeichnete er im allgemeinen als befriedigend, was
er von den Gerichten im Fürstentum Hechingen leider nicht sagen könne. So spricht er von
Mißständen und Mangelhaftigkeit beim Oberamtsgericht Hechingen. Seine Beanstandungen
bezogen sich u. a. auf verzögerliche Behandlung von Rechtssachen. Ob vielleicht die folgende
Feststellung des Justizkommissars für die Hechinger Verhältnisse typisch war? Der Kontraktensekretär
beim Oberamtsgericht Hechingen, Hofkammerrat Ribler, sei schon seit dem Jahre
1848 nicht mehr in Tätigkeit. Er lasse sich seitdem mit Genehmigung der Landesregierung
durch seinen Sohn, den Kaufmann Ribler, vertreten. Das Einkommen aus seiner Stelle beziehe
er aber unverkürzt372.

Diese für Hechingen nicht günstige Beurteilung mag ihren Grund in mangelhafter Tatkraft
der Fürsten Friedrich (1810-1838) und Friedrich Wilhelm Konstantin (1838-1850) gehabt
haben, während Sigmaringen mit den Fürsten Anton Aloys (1785-1831) und Carl (1831-1848)
vom Schicksal mehr begünstigt war373. Immerhin aber ist es in Hechingen im Jahre 1848 zur
Errichtung des Oberamtsgerichts gekommen. Entsprechendes hatte Sigmaringen nicht aufzuweisen
, wo die Rechtspflege in der unteren Stufe bis zur Einführung der preußischen
Gerichtsverfassung mit der Verwaltung in den Oberämtern verbunden geblieben war. Diese
Hechinger Maßnahme des Jahres 1848 hat sich bis heute ausgewirkt, da das am 1. 1. 1852
eingerichtete, nun für ganz Hohenzollern zuständige Kreisgericht (ab 1. 10. 1879 Landgericht
und Amtsgericht) als Nachfolgerin des Oberamtsgerichts angesehen werden kann.

369 VOBIHe 1848, 295.

370 GStA Rep. 84 a Nr. 9445 J/92,

371 Vgl. S. 156.

372 GStA Rep. 84 a Nr. 9444 \210± StAS NVA I 8442 \70 ff.; Aufgaben eines Kontraktensekretärs: vgl.
§§ 4, 34 DInstrHe.

373 Vgl. hierzu auch Fritz Kallenberg, Landesgeschichte in Hohenzollern. Der Hohenzollerische
Geschichtsverein im Spannungsfeld von Lokalpatriotismus und Geschichtswissenschaft. In: ZHG 15
(1979) S. 14-16; Gönner S. 12.

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