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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zhg1982/0190
Gerd Friedrich Nüske

Schon Wochen vor der französischen Besetzung Stuttgarts hatten auf höherer Ebene
Besprechungen über die Abgrenzung des amerikanischen von dem französischen Operationsgebiet
stattgefunden. Doch die Amerikaner hatten die Rechnung ohne de Gaulle gemacht,
dessen Generäle in Südwestdeutschland so viel wie möglich in die Hand zu bekommen suchten.
Am 4. April 1945 wurde als Grenze des französischen zum amerikanischen Operationsgebiet
die Linie Speyer- Michelfeld-Hilsbach-Lauffen-Neckar bis Stuttgart-Neckar bis Rottweil-Sig-
maringen festgelegt. Aber schon am 22. April 1945 erging eine amerikanische Armeeinstruktion
, nach der nun die Linie Neckar bis Pliezhausen-Reutlingen-Engstingen-Gammertingen-
Sigmaringen von den Franzosen erreicht werden sollte. Aber die Franzosen waren auf Stuttgart
vorgestoßen und hatten es am 21./22. April 1945 besetzt. Nach amerikanischem Armeebefehl
vom 23. April erstreckte sich das französische Besatzungsgebiet bis Metzingen-Dettingen-
Münsingen-Ebingen-Reinstetten-Kempten (ausschließlich). Dagegen sollten die Franzosen
das Gebiet östlich der Autobahn Lauffen-Asperg-Leonberg-Wendlingen räumen.

Dieses von Hilflosigkeit bestimmte Verhalten der amerikanischen Armeeführung hatte
angesichts des entschlossenen, ja handstreichartigen Vorgehens der Franzosen keine Aussicht
auf Erfolg. Freilich war sichtbar geworden, daß es den Amerikanern vor allem um den Besitz
von Groß-Stuttgart ging, das sie unbedingt in ihre Hand bringen wollten. Um Stuttgart
entwickelte sich ein heftiger Streit zwischen Amerikanern und Franzosen, der schließlich auf
höchster Ebene ausgetragen werden sollte. Bei den gleichsam um Stuttgart betrogenen
Amerikanern blieb tiefe Verbitterung über den französischen Verbündeten zurück. Der
amerikanische Verbindungsoffizier zur 3. Algerischen Division, die Stuttgart besetzt hatte,
erinnerte sich noch nach Jahren voller Wut: Wenn der Kampf vorbei ist, dann kommen sie mit
wehenden Fahnen und ihren gottverdammten Musikcorps anmarschiert1*.

Französische und amerikanische Militärregierungen in Stuttgart

Plieningen war der erste Stadtteil Stuttgarts gewesen, der am Nachmittag des 20. April die
französische Besetzung erlebte. Am Morgen des 20. April erschienen der Stuttgarter NS-Kurier
und die Württembergische Zeitung zum letzten Mal. Möhringen, Riedenberg, Sillenbuch,
Heumaden und Hedelfingen folgten im Lauf des 21. April, Vaihingen am Nachmittag des
22. April. Von Süden her drangen französische Truppen allmählich in die Stuttgarter Innenstadt
ein, Teile kamen über die Gerokstraße und die Neue Weinsteige hinab. Im Norden
Stuttgarts wurden Stammheim, dann Zuffenhausen und außerdem Weilimdorf eingenommen.
Schließlich wurde noch Heslach durch Tunesier und Marokkaner besetzt. Die übrigen
Stadtteile Stuttgarts folgten erst im Laufe des 22. April, eines Sonntags15.

Der französische Kommandant der Stadt Stuttgart hatte sich im Hause Feuerseeplatz 6
niedergelassen. Daneben bestanden eine Reihe von offenbar örtlichen Kommandostellen. Vom
Feuerseeplatz 6 aus erging am Abend des 21. April die erste Weisung der neuen Machthaber.
Der französische Militärkommandant hatte dem Stuttgarter Polizeipräsidium »Erste Anordnungen
an den Bürgermeister einer besetzten Gemeinde« übergeben16. Hierin und auch in den
umfänglichen »Instruktionen an die Polizeichefs der deutschen Polizei«, die offenbar zur

14 Charles Lincoln, Auf Befehl der Militärregierung. Erlebnisbericht eines amerikanischen Besatzungsoffiziers
. München 1965. S. 28. Die Erinnerungen Lincolns sind in mancher Einzelheit problematisch
, besitzen andererseits aber doch erheblichen Quellenwert, insbesondere im HinbÜck auf die
französische Besatzungsmacht.

15 Vgl. Hermann Vietzen, Chronik der Stadt Stuttgart 1945-1948 (Veröffentlichungen des Archivs der
Stadt Stuttgart 25). Stuttgart 1972. S. 14ff.

16 Akten der Kanzlei des Oberbürgermeisters der Stadt Stuttgart im StadtA Stuttgart: 0310-5 (»Wünsche
und Anordnungen der französischen Militärregierung 1945«) o. Nr. (Abschrift vom 25. 2. 1952).

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