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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zhg1982/0194
Gerd Friedrich Nüske

sich in den Verlust Stuttgarts vergleichsweise gleichmütig fügten - nur ihr Oberbefehlshaber
Eisenhower konnte darüber nicht hinwegkommen -, waren die für Württemberg bestimmten
amerikanischen Militärregierungsoffiziere viel stärker betroffen. Sie berührte denn auch
weniger die militärisch-strategische Seite des Vorgangs als vielmehr die Einsetzung einer
französischen Militärregierung in Stuttgart. Das Ende der Kämpfe in Deutschland war
abzusehen, jetzt ging es darum, wer wo Militärregierungen einsetzen konnte und wer bald über
die notwendigen deutschen Hilfsorgane verfügte. General de Gaulle muß dies klar gesehen
haben, denn wie schon für Karlsruhe so gab er auch für Stuttgart alsbald Anweisung, eine
Militäradministration einzurichten. Mit dieser französischen Militärregierung in Stuttgart und
der ihr untergebenen deutschen Verwaltung war, wie gesagt, die Frage verknüpft, wer
Besatzungsmacht im gesamten Württemberg werden sollte. Da über sie und ihr Schicksal
vergleichsweise wenig bekannt ist, andererseits mit ihrem Schicksal aber auch die schließliche
Teilung Württembergs verbunden war, soll auf sie hier näher eingegangen werden. Solange, wie
eingangs bemerkt, französische Akten unzugänglich bleiben, muß sich das Folgende auf
französische Schriftstücke in der deutschen Uberlieferung sowie auf amerikanische Akten
stützen.

Bereits am 22. April 1945 hatte - wie auch das Tagebuch des amerikanischen Militärregierungsregiments
E1C3 belegt - de Gaulle in Stuttgart einen Militärgouverneur einsetzen lassen,
nämlich den Generalmajor Schwanz, späterer Gouverneur für das Land Baden mit Sitz in
Freiburg i. Br. Als in den folgenden Tagen der interalliierte Streit um den Verbleib der
französischen Truppen in Stuttgart seinem Höhepunkt zustrebte, nachdem US-General Devers
den französischen General de Lattre de Tassigny am 24. und am 28. April ultimativ aufgefordert
hatte, Stuttgart zu verlassen, da telegraphierte de Gaulle an de Lattre: Je vous prescris de
maintenir une garnhon Francaise a Stuttgart et d'y instituer, tout de mite, un gouvernement
militaire... Aux observations eventuelles des Americains vous repondrez que les ordres de votre
gouvernement sont de tenir et d'administrer les territoires conquispar vos troupes, jusqu'ä ce que
la zone d'occupation Francaise ait ete fixeepar accord entre les gouvernement interessesi0. De
Lattre unterrichtete seinerseits Devers, der Streitfall werde jetzt auf Regierungsebene behandelt
. De Lattre ließ zwar zu, daß amerikanische Verbände durch Stuttgart durchmarschierten,
hielt aber zugleich die eingerichtete französische Garnison unter General Chevillon aufrecht31.

Das erste Schriftstück, das sicher von der französischen Militärregierung in Stuttgart
stammt, ist das Schreiben des Fregattenkapitäns Mercadier vom 24. April 1945 - offenbar an den
Oberbürgermeister gerichtet32. Mercadier nahm darin Bezug auf eine zuvor abgehaltene
Besprechung und faßte seine Anordnungen noch einmal schriftlich zusammen. Darunter
fanden sich eine Reihe von Weisungen, wie sie alle französischen Militärregierungen in
Südwestdeutschland erlassen haben: Ablieferung von Waffen und Munition, Ablieferung von
Radios und Fotoapparaten sowie von Brieftauben, Beschriftung der Wohnhäuser mit einem
Bewohnerverzeichnis, Verbot von Presse und Rundfunk, Verbot öffentlicher Veranstaltungen,
Aufhebung des Postdienstes u. ä.33. Das Bemerkenswerte an der entsprechenden Anordnung in
Stuttgart war, daß Mercadier hier die Bezeichnung seiner Militärregierungseinheit angab,
nämlichHlG3 derl. Französischen Armee-6. Armeegruppe. Mithin gab es in Stuttgart bereits

30 De Gaulle (wie Anm. 8) S. 170.

31 Zum Streit zwischen de Lattre de Tassigny und Devers und der diesbezüglichen Korrespondenz
zwischen de Gaulle und Eisenhower vgl. Gerd Friedrich Nüske, Einmarsch und Besatzungsherrschaft
der Alliierten 1945. In: Die Geschichte des Landes Württemberg-Hohenzollern 1945-1952 (wie Anm. 2)
S. 34 f. und Anm. 8-16.

32 Akten der Kanzlei des Oberbürgermeisters der Stadt Stuttgart im StadtA Stuttgart: 0310-5 o. Nr.
(Ubersetzung von 6. Armeegruppe 1. Frz. Armee. Militärregierung. Detachment H1G3. Gez. Mercadier).

33 Als eines von vielen Beispielen vgl. etwa Paul Sauer, Tamm. Geschichte einer Gemeinde. Ulm 1982.
S. 502 f.

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