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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zhg1982/0196
Gerd Friedrich Nüske

süddeutschen Gebieten waren im Sommer 1945 aber auch insofern entschuldbar, als bei den
Franzosen ein nicht unerhebliches administratives Durcheinander herrschte. Ja, zum guten Teil
war von einer wirklichen Militärregierungsorganisation noch gar nichts zu erkennen. Dabei
handelte es sich bei den Franzosen nicht um Schwierigkeiten bei der Ablösung von Aufgaben
der bewaffneten Verbände zugunsten von bloßen zivilen Militärregierungen. Vielmehr war auf
französischer Seite noch für Wochen gar kein Personal vorhanden, das die Aufgaben einer
Militärregierung hätte übernehmen können. Bei den Amerikanern folgte das Militärregierungspersonal
der kämpfenden Truppe oft auf dem Fuß.

Es hat den Anschein, als ob die französischen Militärregierungsmitglieder in Stuttgart
bemüht waren, jeden Anklang im Namen an amerikanische Planungen und jede Ähnlichkeit mit
von Amerikanern erdachten Militärregierungsstrukturen zu vermeiden oder zu beseitigen.
Obwohl es in Stuttgart noch über längere Zeit hin Schwankungen in der französischen
Titelgebung gab, zeichnete sich dann die folgende aber eindeutige Scheidung ab: Ein Detache-
ment E als französische Militärregierung für das Land Württemberg mit Sitz in der Villa
Weißenburg sowie ein Detachement H als französische Militärregierung für die Stadt Stuttgart
mit Sitz in der Villa Reitzenstein. Die Kennzeichnung der Detachements durch Buchstaben
ließen die Franzosen in der Folge in Wegfall kommen, statt dessen sprachen sie von
»Detachement de Gouvernement Militaire Regional de Württemberg« und von »Detachement
de Gouvernement Militaire de Stuttgart«. Ja, die französischen Offiziere der beiden Militärregierungen
wurden zunehmend penibler bei der wechselseitigen Abgrenzung der beiden
Regierungen. Besonders deutlich wurde dies bei der Zuständigkeit zum Ausstellen von
Passierscheinen für Deutsche. In immer neuen Schreiben wurde dem Stuttgarter Oberbürgermeister
mitgeteilt, daß entsprechende Anträge für Reisen innerhalb des Landes Württemberg,
aber außerhalb des Stadtkreises Stuttgart durch das Detachement H ausgestellt würden, d. h.
durch die Militärregierung für die Stadt Stuttgart37. Für Reisen außerhalb Württembergs war
das Detachement E also als die Militärregierung für das Land Württemberg zuständig. Für
Reisen in Gebiete außerhalb der französischen Zone war dann wieder das Hauptquartier der
1. Französischen Armee in Lindau zuständig. Die beiden Militärregierungen hatten aber bereits
Schwierigkeiten, wenn sie Passierscheine über einen gewissen Umkreis hinaus ausstellen sollten
und sobald das angestrebte Ziel in einem zwischen Amerikanern und Franzosen umstrittenen
Landkreis lag. Deshalb gab das Detachement de Gouvernement Militaire de Stuttgart eine
Durchschnittsgrenze seiner Zuständigkeit im Umkreis von 60 km an und definierte diese
Durchschnittsgrenze dann als der Einfachheit halber anstelle der eigentlichen Zuständigkeitsgrenze
des Detachement H angenommen39. Dergleichen Formulierungen werden die deutschen
Beamten kaum darüber getäuscht haben, daß es mit der Zuständigkeit der Franzosen für
das gesamte Land Württemberg nicht weit her war. Vermutlich stand auch das wiederholte
Verlangen der französischen Militärregierung nach Karten von Stuttgart und Umgebung in
Zusammenhang mit der schwierigen Abgrenzung ihrer räumlichen Zuständigkeit39. Immerhin
konnte die französische Militärregierung von Stuttgart ihren Herrschaftsbereich am 4. Mai
noch auf Bad Cannstatt und die Vororte rechts des Neckars ausdehnen. Auch Fellbach wurde
am 8. Mai noch von den Amerikanern geräumt und von Marokkanern besetzt, offenbar infolge

37 Akten der Kanzlei des Oberbürgermeisters der Stadt Stuttgart im StadtA Stuttgart: 0315-4 und 5 o. Nr.
(I"e Armee Francaise. Gouvernement Militaire de Stuttgart No 510 von 15 juin 1945; Pre Armee Franchise.
Le General Gouverneur Militaire de Stuttgart. Commandant L. Region du Wurtemberg. Detachement E de
G.M. von 18 juin 1945).

38 Ebd. o. Nr. (Persönlicher Referent des OB an Ausweisstelle vom 27. 5. 1945).

39 Ebd.: 0310-5 o. Nr. (Dr. Kruse an Stadtmessungsamt - Entwurf vom 22. 5. 1945): Die französische
Landesregierung, Hohenheimer Str. 119, ersucht uns, bis spätestens Samstag, den 2. Juni 45 folgende Karten
zu liefern: 5 Karten von Württemberg im Masstab von 100' oder 200', in denen die Grenzen der Kreise und
möglichst auch die der Gemeinden eingezeichnet sind.

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