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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zhg1982/0204
Gerd Friedrich Nüske

schon auf ihrer zweiten Sitzung am 15. Januar 1944 legten die Briten eine Karte der zukünftigen
Besatzungszonen vor. Dieser Plan wies etwa 46% der Fläche des Deutschen Reichs der
Sowjetunion zu, eine Vorentscheidung, die grundsätzlich von den Westalliierten nie mehr in
Frage gestellt werden sollte. Natürlich hatte dieser britische Plan vom 15. Januar 1944
seinerseits eine lange Vorgeschichte. Eine Schlüsselrolle hatte dabei der Stabschef beim alliierten
Oberkommando, der britische Generalleutnant Morgan, eingenommen. Er entwickelte die
Vorstellung, die drei Alliierten müßten Deutschland zu drei gleich großen Teilen besetzen. Nur
Berlin sollte eine gemeinsam besetzte Enklave werden. Im einzelnen müßten die Briten den
Nordwesten Deutschlands, die Amerikaner den Süden und Westen und schließlich die Sowjets
Ostdeutschland jenseits einer noch zu bestimmenden Grenze erhalten57.

Im Verlauf des Jahres 1943 hatte sich die britische Konzeption weiter verfestigt und zugleich
präzisiert. Als britische Zone erscheinen jetzt nur noch Schleswig-Holstein, Hannover-
Braunschweig, Westfalen, Hessen-Nassau und die Rheinprovinz. Süddeutschland einschließlich
der Pfalz und dem Saarland bildete die zukünftige US-Zone. Die Sowjetunion erhielt jetzt
nicht nur ostdeutsche Gebiete, sondern auch Mitteldeutschland. Zudem war die Verwendung
von Provinzial- und Landesgrenzen als Zonengrenzen nun selbstverständlich geworden. Ja, die
Briten begründen dies mit dem ausdrücklichen Hinweis, that tbe Zones should be drawn to
encourage »Separatist tendencies« in Germany. Am 15. Januar 1944 endlich wurde das britische
Konzept als »Atlee-Plan« den amerikanischen und sowjetischen Verbündeten vorgelegt58.

Ganz anders war die Einstellung des amerikanischen Präsidenten Roosevelt gewesen. Bei
ihm hatte sich allmählich der Gedanke gebildet, die USA müßten sich eine Besatzungszone im
Nordwesten Deutschlands sichern. Die sowjetische Zone hätte demnach jenseits einer Linie
Stettin-Berlin-Plauen/Hof gelegen und das Vereinigte Königreich hätte Süddeutschland als
Zone übernehmen sollen! Nach heutigem Forschungsstand hat Roosevelt erstmals am 19. November
1943 auf dem US-Schlachtschiff Iowa im Kreise seiner Stabschefs seine Ideen
vorgetragen. Er befand sich damals auf dem Weg zu den Konferenzen von Teheran und Jalta59.

Roosevelt hatte bei dieser Konzeption offenbar einerseits besonders die norddeutschen und
niederländischen Häfen im Auge, um amerikanische Truppen nach Abschluß des Feldzuges in
Europa problemlos in den Fernen Osten verbringen zu können. Zum andern wollte Roosevelt
den Engländern die Südzone offenbar deshalb zuschieben, weil er von diesen annahm, sie seien
gegenüber den speziellen Problemen des benachbarten Frankreich besonders kompetent.
Roosevelt jedenfalls wollte the post - war bürden of reconstituting France den USA nicht
zumuten. Doch offensichtlich hat Roosevelt seinen Plan selbst nicht ernsthaft verfolgt,
vielleicht aus Furcht vor den zu erwartenden Schwierigkeiten von Seiten Großbritanniens und
der Sowjetunion. Selbst die für die Verhandlungen mit den übrigen Alliierten zuständigen
Amerikaner blieben im unklaren über die Meinung ihres Präsidenten. Da andererseits die Briten
bereits mit der Sowjetunion im Gespräch über Einzelheiten der Grenzziehung zwischen beiden
Zonen standen, blieb den amerikanischen Diplomaten schließlich kaum noch etwas anderes
übrig, als der britischen Planung im allgemeinen zuzustimmen.

Im einzelnen war die amerikanische Willensbildung bezüglich der Besatzungszonen in der
ersten Jahreshälfte 1944 sehr verworren. Erschwerend wirkte sich dabei der komplizierte
Bearbeitungsweg zwischen State Departement und Departement of War aus, ja es kam auf
amerikanischer Seite zu - beabsichtigt oder unwillentlich - gegenläufigen Entscheidungen. Der
amerikanische Vertreter bei der EAC, Botschafter Winant, erhielt nur verschwommene
Informationen über Roosevelts auf der Iowa entwickelten Plan. Er weigerte sich schließlich,

57 Sharp (wie Anm. 55) S. 29ff. und S. 65f.

58 Vgl. die Skizze zum >Atlee-Plan< bei Sharp (wie Anm. 55) S. 58 map 2.

59 Zum >Iowa-Plan< vgl. die Abbildung bei Ziemke (wie Anm. 55) S. 116 f. und Sharp (wie Anm. 55) S. 48
map 1.

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