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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zhg1982/0207
Württemberg-Hohenzollern als Land der französischen Besatzungszone

militärische Hilfsorganisation zu unterstützen, keineswegs aber als zukünftige Regierung
Frankreichs anzuerkennen. Wenngleich Roosevelt das letztgenannte nicht durchhalten konnte,
so änderte sich doch an seiner grundsätzlichen Ablehnung gegenüber de Gaulle und dessen
Anhängern nichts. Roosevelts Kurs wurde freilich nur von einem Teil seiner Mitarbeiter geteilt
und in Zukunft sollte es bei einem Konfliktfall zwischen der Washingtoner Regierungsadministration
und der Pariser Regierung unter de Gaule wesentlich darauf ankommen, welche
Funktion in Washington den Ausschlag gab. Dies galt vor allem für den von den Amerikanern
nicht vorhergesehenen Fall, daß de Gaulle seine beanspruchte Teilhabe am Sieg über Deutschland
durch eine militärische Okkupation deutscher Gebiete unterstreichen würde.

Doch außer dem Dauerkonflikt zwischen Roosevelt und dem gaullistischen Befreiungskomitee
entstand im Lauf der Zeit auch ein Nebenkonflikt zwischen Roosevelt und Churchill, der
die Stellung de Gaulles gegenüber Roosevelt entscheidend stärken sollte. Roosevelt und alle
seine Berater waren der festen Überzeugung, daß das Ende des Weltkriegs eine Neuordnung der
internationalen Beziehungen und gewiß auch das Ende der Kolonialreiche der alten europäischen
Großmächte bringen werde. Damit hatte sich Roosevelt in Gegensatz zu einer der
Grundüberzeugungen Churchills begeben, der von der notwendigen Fortdauer der überkommenen
Imperien - die zudem soviel durch Truppen und Material zum Sieg der Alliierten
beigetragen hatten - überzeugt war. Freilich besaß Churchill zuviel Erfahrung, um sein eigenes
Anliegen, nämlich den Fortbestand des britischen Empire, offen zu verlangen. Viel günstiger
war es da, französische Ansprüche zu unterstützen, trotz de Gaulle. Doch war es nicht der
Gedanke an die überseeischen Besitzungen allein, der Churchill de Gaulle gegenüber konzessionsbereit
machte. Vielmehr war es seine - durchaus begründete - Furcht, dieser erneute
Weltkrieg würde in jedem Fall das Ende der alten europäischen Großmächte bringen.
Besonders der militärische Aufschwung der Sowjetunion etwa seit der Schlacht von Stalingrad
um die Jahreswende 1942/43 und der sich abzeichnende Erfolg der Sowjetunion als größtem
Landsieger dieses Krieges beunruhigten Churchill zunehmend. Der britische Premier dachte
nicht nur stark europazentrisch, sondern vor allem in den traditionellen Bahnen konservativer
britischer Außenpolitik. Hier trafen sich Churchill und de Gaulle in mehrfacher Hinsicht,
wenn auch die Ubereinstimmung nicht allzu weit ging. Wandte sich Churchill vor allem gegen
die Sowjetunion und nur sehr versteckt gegen die USÄ und deren globales Engagement, so war
es bei de Gaulle umgekehrt. Dieser glaubte, durch ein Arrangement mit der Sowjetunion, wie es
am besten in dem sowjetisch-französischen Freundschaftsabkommen vom 10. Dezember 1944
zum Ausdruck kommen sollte, Frankreichs Führungsrolle in Europa sichern zu können, was de
facto auf eine Teilung Europas zwischen Frankreich und der Sowjetunion hinausgelaufen wäre.

So nahm es nicht Wunder, daß Churchill, sobald die militärische Befreiung Frankreichs im
September 1944 beinahe abgeschlossen war, immer unverhohlener für de Gaulle Partei ergriff.
Zudem war klar geworden, daß sich de Gaulles Nationalkomitee innenpolitisch offenbar
durchsetzen würde, wenn auch unter Aufnahme einiger Vertreter der innerfranzösischen
Resistance. Auch in letzterem lag de Gaulle auf einer Linie mit Churchill, dem der zunehmende
kommunistische Einfluß in der innerfranzösischen Widerstandsbewegung ohnehin nie geheuer
gewesen war.

Nun also trat Churchill sowohl Roosevelt als Stalin gegenüber für eine Anerkennung von de
Gaulles Regime als »Gouvernement Provisoire« ein. Erhebliche Bedeutung in diesem allmählichen
Prozeß der Aufwertung Frankreichs vornehmlich durch britische Unterstützung sollte der
Besuch einer britischen Delegation mit Churchill an der Spitze in Paris am 11. November 1944
erhalten. Als unübersehbaren Auftakt der neuen Großmachtdiplomatie hatte de Gaulle wenige
Tage zuvor Churchill und Roosevelt zu den Feiern zum Waffenstillstandstag vom 11. November
1918 eingeladen. Roosevelt konnte diese Einladung aus Zeitgründen nicht annehmen, was
wohl auch im Kalkül de Gaulles gelegen hatte. Doch Churchill nahm an und für ihn ließ de
Gaulle in Paris nicht nur ein volles Programm der Ehrungen ablaufen, sondern entwickelte auch

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