Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zhg1982/0210
Gerd Friedrich Nüske

Regelung der deutschen Frage vor, was von Stalin mit dem Hinweis auf die übrigen Alliierten
ausweichend beantwortet wurde. Obwohl de Gaulle gegen eine Abtretung des Rheinlands an
Frankreich und eine Internationalisierung des Ruhrgebiets die Anerkennung der polnischen
Oder-Neisse-Grenze anbot, ließ sich Stalin auf nichts dergleichen ein. Im Gegenteil, er hielt
seine anglo-amerikanischen Verbündeten stets auf dem laufenden über den Verlauf der
Gespräche mit seinem ungebetenen Gast71!

Am 10. Dezember 1944 schließlich unterzeichneten die Außenminister Bidault und
Molotow einen französisch-sowjetischen Vertrag. »De Gaulle hatte den einzigen Vorteil, den
dieser Vertrag der französischen Seite bot, ihre Wiederanerkennung als Großmacht und als
mitspracheberechtigt in der künftigen Kontrolle Deutschlands, teuer erkauft mit der Ablehnung
aller Westblock-Gedanken, mit dem Austausch wenn auch noch inoffizieller Vertreter
mit Lublin und mit der Anerkennung sowjetischer Dominanz in allen anderen osteuropäischen
Ländern«72. De Gaulle hatte - vielleicht - Stalins Streben nach einer Herrschaft über ein von der
Sowjetunion dominiertes Europa richtig erkannt, aber er hatte sich verschätzt, als er glaubte,
daß Stalin sich in diese Herrschaft mit Frankreich teilen wolle. Im Gegenteil. Stalin trat in der
Folge stets dafür ein, Frankreich vom Tisch der Großen Drei fernzuhalten. In Jalta gestand die
Sowjetunion nur höchst widerstrebend die Zuteilung einer Besatzungszone - aus dem Gebiet
der Westmächte - an Frankreich zu, auf Stalins Wunsch blieb Frankreich von der Potsdamer
Konferenz ausgeschlossen.

Der französisch-sowjetische Pakt hatte de Gaulle nichts gebracht. Er war stärker als zuvor
auf das Wohlwollen seiner westlichen Verbündeten - vor allem der USA - angewiesen.
Ausrüstung französischer Armeen, Besatzungszone in Deutschland, eventuelle Abtretung
deutscher Gebiete, all dies ließ sich nicht ohne den guten Wilen Großbritanniens und der USA
verwirklichen. Doch de Gaulle unterließ nichts, das geeignet gewesen war, die Angelsachsen -
vor allem die USA - zu brüskieren. Aus de Gaulles Sicht der Dinge freilich war dieses Verhalten
nur konsequent und gerechtfertigt. Wie hätte er etwa anders als durch sein handstreichartiges
Vorgehen in der militärischen Besetzung Südwestdeutschlands sich einen Anteil und damit ein
nicht verhandlungsfähiges Mitspracherecht sichern können? Nur so konnte Frankreich auf dem
langen Weg zur Wiederherstellung seiner Weltgeltung vorankommen.

Seit Jahresanfang 1945 amtierte im Washingtoner State Department Edward Stettinius, der-
anders als sein Amtsvorgänger Cordell Hull - Frankreich recht gewogen war und der sich
ernsthaft um einen Ausgleich bemühte. Doch Paris machte es ihm dabei nicht leicht. Schon
Secretary Hull hatte in einem Memorandum Präsident Roosevelt am 4. Januar 1945 nahegelegt
it is in the interest of the United States to assist France to regain her formerposition in tbe world
affairs in order that she may increase her contribution in the war effort andplay an appropriate
part in the maintenance ofpeacen. Hull plädierte deshalb dafür, daß die US-Regierung die
französischen Forderungen weitgehend annehme. Diese lauteten trotz verschiedener Einkleidungen
immer gleichbleibend auf Beteiligung an der Kapitulation der Deutschen, Zuweisung
einer französischen Besatzungszone in Deutschland und vor allem gleichberechtigte Teilhabe
Frankreichs an der Kontrolle des besetzten Deutschland. Präsident Roosevelt schien dem
grundsätzlich zuzustimmen, ohne sich aber der Sowjetunion gegenüber allzusehr dafür

71 FRUS, Malta and Yalta. S. 290 f.

72 Lipgens (wie Anm. 8) S. 87-88.

73 FRUS, Malta and Yalta, S. 293-295; FRUS, 1945 III S. 163f. Hier kam wie auch anderswo die
Überlegung zum Ausdruck, daß die Vereinigten Staaten sich unter Umständen nur kurzfristig in Europa
engagieren würden und deren Rolle dann von Frankreich übernommen werden könne: It can be justifiably
argued that the French requests are out of all proportion to France's power today... This Government may
well wish, after the early period of occupation, to withdraw a considerahle proportion of its troops from
Germany. It would he logical to assume that they would he replaced hy French forces and this replacement is
likely to he facilitated if the French are fully associated with plansfor the occupation from the outset.

208


Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zhg1982/0210