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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zhg1982/0228
Gerd Friedrich Nüske

Bedeutsamer, wenn auch ebenfalls erfolglos, war die nochmalige Intervention Murphys
beim State Department. Am 21. Juni kabelte er - diesmal aus Höchst bei Frankfurt, dem neuen
Sitz von SHAEF - nach Washington, um erneut gegen die Abtretung des Kreises Lindau und
gegen die Teilung Württembergs zu protestieren153. Murphy plädierte mit Nachdruck dafür,
we should retain in our Zone as much of the Laender in their historical identity as ispracticable.
Dieser Gesichtspunkt sei amerikanischerseits bei den Verhandlungen mit den Franzosen gar
nicht berücksichtigt worden, vielmehr habe man entschieden purely from the Standpoint of
military requirements. Im übrigen unterstrich Murphy, indem er sich Botschafter Winant
anschloß, daß die Franzosen an Südwürttemberg gar keine Interesse hätten: / infer from
Ambassador Winant's message that apart from Kreis Friedrichshafen the French do not seek to
occupy the remaining districts in South Württemberg and I am of the opinion that our interest in
keeping to the traditional local State form requires at least that we do not insist upon the French
accepting the additional districts in south Württemberg.

Am 21. Juni teilte das State Department seine endgültige Entscheidung mit154. Danach
gestand Washington in Süddeutschland ohne weiteres die Bezirke Konstanz und Freiburg, die
Kreise Friedrichshafen und Lindau der französischen Besatzungszone zu. Bezüglich des
Bezirks schloß sich das Washingtoner Außenministerium im Grunde den weitestgehenden
Forderungen der US-Militärs an. Hatten die Joint Chiefs of Staff die Abtretung des gesamten
Bezirks Karlsruhe noch für vertretbar gehalten, so waren die amerikanischen Offiziere von
SHAEF ja weniger konzessionsbereit gewesen. Diese glaubten allenfalls auf die Kreise Bühl,
Baden-Baden und Rastatt verzichten zu können. Doch daß das Außenministerium im Grunde
auch in diesem Punkt eher ablehnend eingestellt war, ergab sich aus der merkwürdig
zögerlichen Behandlung der Frage, ob dabei die Bahnlinie Bruchsal-Mühlacker eine Zonengrenze
bilden sollte. Eigentlich zeichnete sich schon ab, daß das State Department am liebsten
den gesamten Bezirk Kaisruhe beansprucht hätte und nur aus taktischen Motiven auf die Kreise
Bühl, Baden-Baden und Rastatt verzichtete. Offenbar in gedanklicher Abhängigkeit davon
stand die Haltung des Washingtoner Außenministeriums in bezug auf Südwürttemberg und
Hohenzollern. Gleichsam als ob man sich für seine Unnachgiebigkeit bei Baden entgegenkommend
zeigen wollte, drängte man nun darauf, daß die Franzosen Südwürttemberg und
Hohenzollern in jedem Fall übernähmen: It is the desire of this Government that the French
include in their zone Sigmaringen and that part of Württemberg south of the Autobahn and
railway connecting Karlsruhe-Stuttgart-Ulm as defined by the following Kreis boundaries:
Leonberg, Böblingen, Nürtingen, Göppingen, Ulm and thatportion of Münsingen northeast of
Autobahn, incluse to the US. Allenfalls wenn die Franzosen massiven Widerstand gegen eine
Übernahme von Südwürttemberg und Hohenzollern leisten sollten, dann könnte dieses Gebiet
notfalls der US-Zone zugeschlagen werden.

Das Pariser Gouvernement Provisoire begann sich offenbar mit dem amerikanischen Diktat
abzufinden und auch das gleichsam unerwünschte Kind Südwürttemberg und Hohenzollern
hinzunehmen, wie Winant am 25. Juni Washington kabelte155. Die Franzosen hatten den
Zusammenhang zwischen dem verweigerten Nordbaden und dem Entschädigungsland Süd-
württemberg-Hohenzollern sehr wohl erkannt, denn an diesem Schwachpunkt der amerikanischen
Argumentation setzten sie immer wieder an. So bestanden die französischen Vertreter

153 The United States Political Adviser for Germany, Murphy, to the Secretary of State (June 21, 1945),
in: FRUS, 1945 III S. 342-343.

154 The Acting Secretary of State to the Ambassador in the United Kingdom, Winant (June 21, 1945), in:
FRUS, 1945 III S. 343-344.

155 FRUS, 1945 III S. 344-345: French Government aeeepts US Zone proposal with inclusion of
Sigmaringen, southem Württemberg and Lindau.

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