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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zhg1982/0239
Württemberg-Hohenzollern als Land der französischen Besatzungszone

erhalten, einen aus den Grandes Ecoles hervorgegangenen Inspecteur des finances, der als
Gouverneur des Landes Generalsrang hatte. Sein Kabinettsdirektor war der mir aus Stuttgart
und Freudenstadt wohlbekannte Oberst Niel, ein ruhiger und alle persönliche Schärfe vermeidender
Offizier197.

In der Tat sollte der Wechsel von dem vorherigen Militärbefehlshaber Niel zu dem
Militärregierungsbeamten Widmer einen Einschnitt markieren. Eberhard Konstanzer hat die
Entwicklung, die auch im französisch besetzten Südwürttemberg zu einer allmählichen
Verfestigung der Verhältnisse führte, erforscht und dargestellt198. Sie braucht deshalb hier nicht
in allen Einzelheiten wiederholt zu werden. Es soll jedoch noch deutlicher akzentuiert werden,
wie sehr das Ende der Landesdelegation und die Einrichtung eines Staatssekretariats in
Tübingen nur ein Widerhall auf die in Stuttgart durch die Amerikaner mit Nachdruck
betriebene Ausgrenzung von Südwürttemberg war.

Anfang Oktober 1945 traten Widmer und sein neuer Kabinettsdirektor, Oberst Gonzague
Corbin de Mangoux, an Carlo Schmid mit dem Gedanken heran, auch in Tübingen eine
deutsche Oberbehörde zu bilden. Am Morgen des 13. Oktober 1945 eröffnete Carlo Schmid
den sichtlich überraschten Delegierten, daß sie abgesetzt seien. Er, Schmid, werde eine neue
Regierung bilden. Keiner der Delegierten wurde übernommen, nur Gebhard Müller blieb auf
Schmids dringenden Wunsch als dessen Vertreter im Justizressort. Die Hintergründe der
Bildung einer eigenen, von Stuttgart unabhängigen Regierung in Tübingen vermochten die
deutschen Beamten nicht zu erkennen. Sie werden die Erklärung vermutlich auf Seiten der
Besatzungsmächte gesucht und dabei geahnt haben, daß dieser Vorgang mit dem schwierigen
Verhältnis zwischen Amerikanern und Franzosen zusammenhing. Die französischen Militärregierungen
in Baden-Baden und in Tübingen sahen keine Möglichkeit und wohl auch keine
Notwendigkeit mehr, die württembergische Frage mehr als gegenwärtig nötig offen zu halten.
Südwürttemberg und Hohenzollern besaß man und konnte es offenbar gegenwärtig auch nicht
umtauschen, also mußte man auch hier an eine Verfestigung der Verhältnisse denken. Ein
deutsches Gegenstück zur Stuttgarter Regierung mußte nun auch in Tübingen entstehen. Das
bedeutete das Ende der Landesdelegation und die Begründung des sogenannten Staatssekretariats
. Bezeichnend war, wie unentschlossen die Franzosen aber auch jetzt noch vorgingen.

Am 16. Oktober 1945 wurde das »Staatssekretariat für das französisch besetzte Gebiet von
Württemberg-Hohenzollern« konstituiert. Bis zuletzt hatten die Franzosen den Gedanken
verfolgt, dieses Staatssekretariat nur als eine Tübinger Nebenstelle der Stuttgarter Regierung
erscheinen zu lassen. Deshalb hatte Reinhold Maier noch am 9. Oktober ein Beglaubigungsschreiben
für Carlo Schmid in französischer Sprache ausgefertigt199. Am 13. Oktober kam
Ministerpräsident Maier erstmals nach Tübingen, um Gouverneur Widmer aufzusuchen. Uber
die Absichten der französischen Militärregierung informierte ihn der erwähnte neue Kabinettsdirektor
, Corbin de Mangoux, der als politischer Berater des Gouverneurs in den folgenden
Jahren eine zentrale Stellung bekleiden sollte. Maier charakterisierte ihn treffend, wenn er in
seinen Erinnerungen von Mangoux als einem als Diplomaten verwendeten Offizier spricht:
Monsieur de Mangoux ist mir in Erinnerung geblieben nicht wegen dieser Besprechung allein,
sondern wegen der Kunstfertigkeit, mit der mein eine Zigarette nach der anderen rauchendes
Gegenüber die Asche, ohne sie abzustreifen, obwohl er die Zigarette von einem Mundwinkel
zum anderen schob, so lange zu halten verstand, bis sie ganz und gar ausgeraucht war200. Als

197 Schmid (wie Anm. 163) S. 237.

198 Konstanzer (wie Anm. 164) S. 24f.

199 Mehrfertigung des Beglaubigungsschreibens für Carlo Schmid vom 9. 10. 1945, in: StA Sigmaringen
Wü 2/1/1/2.

200 Zum folgenden vgl. Reinhold Maier, Ein Grundstein wird gelegt. Die Jahre 1945-1947. Tübingen
1964. S. 137f.

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