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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zhg1982/0240
Gerd Friedrich Nüske

Termin für die Einsetzung der fünf Mitglieder des Staatssekretariats war der 16. Oktober
vorgesehen. Waren diese auch von der französischen Militärregierung bestimmt worden, so
hatte Corbin de Mangoux doch gegen die Einsetzung derselben durch Ministerpräsident Maier
am 13. Oktober noch nichts einzuwenden. Allerdings sollte die Einsetzung ohne besondere
Zeremonie stattfinden. Corbin de Mangoux bat Maier noch ausdrücklich, in seiner Einsetzungsrede
auch auf die Stellung Hohenzollerns einzugehen, dessen staatsrechtliche Unabhängigkeit
nicht angetastet werden dürfe, das aber aus technischen Gründen verwaltungsmäßig an
Südwürttemberg-Hohenzollern angeschlossen werden solle. Daß jedoch die zwischenzeitliche
Bildung des Staates Württemberg-Baden durch die Amerikaner in Baden-Baden höchst
irritierend gewirkt hatte, belegte das von Gouverneur Widmer Maier gegenüber gezeigte
Verhalten. Maier erinnert sich: Er setzte mir mit einem gezielten Seitenhieb auf die Amerikaner
auseinander, die französische Regierung setze keine deutsche Regierung ein. Dies solle vielmehr
Ministerpräsident Maier vornehmen.

Als Reinhold Maier jedoch am 16. Oktober in Tübingen eintraf, hatte sich die französische
Militärregierung entschlossen, anders zu verfahren. Maier berichtet: Mein Unternehmen erfuhr
eine überraschende Wendung. In Tübingen angekommen, eröffnete mir Monsieur de Mangoux,
eine neue Lage sei entstanden, ich hätte das Staatssekretariat nicht einzusetzen, sondern nur bei
der Einsetzung zugegen zu sein. Reinhold Maier war schwer deprimiert, doch dürfte gerade er
über den französischen Schritt, nun auch Südwürttemberg eine festere staatsrechtliche Form zu
geben, am wenigsten erstaunt gewesen sein. Gerade Maier gibt ja eine charakteristische
amerikanische Äußerung wieder: Wir wollen möglichst wenig Rechte und Zuständigkeiten in
der französischen Zone, dann können die Franzosen auch bei uns keine geltend machen!

Obwohl also Reinhold Maier das Staatssekretariat nicht einsetzen durfte, beschränkte sich
auch Gouverneur Widmer nur auf die formlose Eröffnung der ersten »Arbeitssitzung« des
Staatssekretariats. Er bemerkte nur, daß er zur Kenntnis nehme, daß sich in Tübingen im
Einvernehmen mit der Württembergischen Regierung ein Staatssekretariat... gebildet habe201.
Mit dieser unverbindlichen, ja scheinbar uninteressierten Haltung wollte sich die französische
Militärregierung offenbar deutlich von dem amerikanischen Verfahren absetzen, vielleicht auch
durch die rechtliche Unbestimmbarkeit des Verfahrens sich alle Änderungen offenhalten. Doch
auf eine Änderung in der Haltung der Amerikaner zu hoffen, war Illusion. Auch das
Staatssekretariat, das noch länger die Fiktion einer württembergischen Einheit aufrechtzuerhalten
suchte, gab sich dabei einer Täuschung hin. Auf Carlo Schmid ging im übrigen die
Bezeichnung Staatssekretariat ebenso wie der dessen Mitgliedern zukommende Titel Landesdirektor
zurück. Beides sollte die inferiore Stellung der Tübinger Behörde im Vergleich zum
Stuttgarter Kabinett zum Ausdruck bringen. Aber auch diese namensmäßige Variante konnte
nicht für immer aufrechterhalten werden.

Theodor Eschenburg erinnerte sich später an die Begründung des Staatssekretariats: Der
französische Gouverneur Widmer hatte nicht einen der Stuttgarter Direktoren in Tübingen,
sondern den von den Amerikanern abgesetzten Carlo Schmid, der in Tübingen seinen Wohnsitz
hatte, Anfang Oktober als Chef der deutschen Verwaltung in Südwürttemberg bestellt. Mit
dieser Entscheidung Widmers hatten weder Reinhold Maier noch die Stuttgarter Direktoren in
Tübingen gerechnet, von denen Schmid nicht alle in seine provisorische Regierung übernahm
. 202. Carlo Schmid selbst berichtet in seinen Memoiren nur mit wenigen Worten von
seiner Einsetzung durch die Franzosen in Tübingen: Im Laufe weiterer Verhandlungen wurde

201 Niederschrift der konstituierenden Sitzung des Staatssekretariats vom 16. 10. 1945, in StA Sigmaringen
WS 2/1/7.

202 Theodor Eschenburg, Aus den Anfängen des Landes Württemberg-Hohenzollern, in: Festgabe für
Carlo Schmid zum 65. Geburtstag. Hg. Theodor Eschenburg, Theodor Heuss und Hans-Georg
Zinn. Tübingen 1962. S. 57-80; hier S. 60.

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