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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zhg1982/0248
Gerd Friedrich Nüske

telbar nach dem Rücktritt der Regierung Leon Blum. Gleichwohl waren sie noch von
Außenminister George Bidault in Auftrag gegeben worden und spiegelten deshalb durchaus
den deutschlandpolitischen Standpunkt de Gaulles wider. Inwieweit in diesen Denkschriften
nun schon eine teilweise Relativierung der alten Sehweise durch die französische Linke erfolgt
war, muß im hier behandelten Zusammenhang nicht untersucht werden, zumal - was
Deutschland anbetraf - es ohnehin eine bemerkenswerte Gleichheit der Ansichten zwischen
Gaullisten und den französischen Linksparteien gab213. Vor allem, und das ist das hier
Entscheidende, war das zweite der genannten Memoranden auf deutscher Seite ganz als
unveränderte Fortsetzung des bisherigen französischen Standpunkts begriffen worden, soweit
man in den einzelnen Besatzungszonen überhaupt den genannten Text der Denkschriften zur
Verfügung hatte.

In Stuttgart informierte Staatssekretär Dr. Fritz Eberhard nicht nur das dortige Kabinett,
sondern auch seinen Parteivorsitzenden Kurt Schumacher in Hannover214. In Tübingen hatte
man es offenbar schwerer, Kenntnis von dem französischen Standpunkt zu erlangen. Die
Staatsregierung von Württemberg-Hohenzollern hörte nur gelegentlich etwas von den im
zweiten Memorandum vom 17. Januar 1947 geäußerten grundsätzlichen Gedanken über die
zukünftige territoriale Gliederung Deutschlands215. Danach war es nämlich gefährlich, durch
die Gruppenbildung kleinerer oder mittlerer Staaten zu große Blöcke zu schaffen. Damit würde
man nach französischer Ansicht einem Verfahren folgen, das dem preußischen Staat bei der
Schaffung seines Einheitsstaats gedient habe. Worauf sich diese französischen Bedenken jetzt
im Jahr 1947 konkret bezogen, blieb unausgesprochen. Der Tübinger Regierung schien es aber
auf den von ihr erstrebten Südweststaat gemünzt zu sein. Wenn das richtig war, so konnte mit
der folgenden Bemerkung im genannten französischen Memorandum nur die Wiederherstellung
der alten Länder Württemberg und Baden gemeint sein. Dort hieß es nämlich, es wäre
ebenso gefährlich, eine ausgesprochene Zerstückelung Deutschlands vorzunehmen, deren
Ergebnis Staaten sein würden, die nicht fähig wären, eine ernst zu nehmende Eigenständigkeit
wieder zu finden oder zu bewahren.

Zu fragen ist nun, ob die in dem genannten Memorandum andeutungsweise ausgeführten
französischen Vorstellungen in den Verfassungsberatungen der deutschen Länder der französischen
Zone einen Niederschlag fanden. Mithin sind die Ausschüsse in Württemberg-Hohenzollern
, Baden und Rheinland-Pfalz zu betrachten.

Die Verfassunggebung in Württemberg-Hohenzollern

Bei der ersten Sitzung des Verfassungsausschusses am 12. Dezember 1946 wurde Ulrich
Steiner (CDU) aus Laupheim zum Vorsitzenden gewählt216. Eines der Grundprobleme der

213 Vgl. Wilfried Loth, Sozialismus und Internationalismus. Die französischen Sozialisten und die
Nachkriegsordnung Europas 1940-1950 (Studien zur Zeitgeschichte). Stuttgart 1977. Bes. S. 12ff.; Ders.,
Frankreichs Kommunisten und der Beginn des kalten Krieges. Die Entlassung der kommunistischen
Minister im Mai 1947, in: Vierteljahrshefte für Zeitgeschichte 26 (1978) S. 9-65. Auch Hennig Köhler,
Das Ende Preußens in französischer Sicht (Veröffentlichungen der Historischen Kommission zu Berlin 53).
Berlin-New York 1982. S. 15 sieht eine gewisse durch die französischen Sozialisten bewirkte Revision der
offiziellen Deutschlandpolitik im genannten Memorandum.

214 Schreiben von Staatssekretär Dr. Fritz Eberhard an Kurt Schumacher, Hannover, vom 21. 3. 1947,
und Schreiben von Staatssekretär Dr. Fritz Eberhard an Ministerpräsident Maier, Justizminister Beyerle,
Innenminister Ulrich, Staatssekretär Gögler vom 24. 3. 1947 mit je einer Ubersetzung des französischen
Memorandums über die verfassungsmäßige Organisation Deutschland, in: HStA Stuttgart EA 1/11 Bü 5.

215 Konstanzer (wie Anm. 164) S. 92 und Anm. 31. Hier war das oben behandelte Memorandum
gemeint.

216 Protokoll der Sitzung des Verfassungsausschusses am 12. 12. 1946, in: StA Sigmaringen Wü la/2 1/2.

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