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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zhg1982/0257
Württemberg-Hohenzollern als Land der französischen Besatzungszone

Schöpfer dieses Systems, zu Recht, wie die sofortige und vor allem grundsätzliche Antwort
Niethammers bezeugte.

Niethammer legte in einem ausführlichen historischen Exkurs seine Erfahrungen und
Eindrücke aus der Zeit nach 1918 dar. Die Weimarer Reichsverfassung habe sich, so
Niethammer, angesichts der Gefährdung der Republik durch Nationalsozialisten und Kommunisten
als zumindest in Teilen unbrauchbar erwiesen. Der Reichsgerichtshof, dessen Mitglied
Niethammer gewesen war, habe mit seinem Urteil vom 2. Juli 1932 der Reichsregierung
vorgeschlagen, andere Wege zu suchen: Der Sinn dieses Urteils war, nun greift zu, hebt diese
Hitler, Göring und Goebbels auf und bringt sie uns, damit wir sie als Hochverräter aburteilen
können™. Doch Reichspräsident Hindenburg habe sich, so Niethammer, dazu nicht verstehen
können. Vielmehr habe er den Reichskanzler Brüning ausgerechnet dann fallengelassen, als
dieser beachtliche Erfolge habe aufweisen können: Man ist damals zu der Überzeugung
gekommen, den Nationalsozialismus durch Nachsicht gewinnen zu können. Als ob man den
Teufel durch Nachsicht gewinnen würde2*2!

Aus dieser geschichtlichen Erfahrung hatte Niethammer die Lehre gezogen, daß eine
zukünftige demokratische Verfassung in Württemberg-Hohenzollern nur von Bestand sein
könne, wenn darin ein starker Staatspräsident vorgesehen sei. Dieser solle bei Meinungsverschiedenheiten
zwischen Regierung und Parlament vermitteln, oder, falls dies nicht möglich sei,
zurücktreten. Auch für den Fall, daß entweder der Staatspräsident ein Gesetz nicht unterzeichnete
, das der Landtag begehrte oder umgekehrt, hielt Niethammer die einschlägigen Bestimmungen
des Verfassungsentwurfs für das Beste. Dann nämlich könnten sowohl der Staatspräsident
als auch das Parlament das umstrittene Gesetz einer Volksabstimmung unterwerfen. Die
Ausführungen Niethammers waren wenig überzeugend, wie auch die folgende Debatte
erweisen sollte. Im übrigen beschwor Niethammer die große Gefahr einer Revolution, die vom
Osten her gegen uns einstürmt sowie die traditionelle Zerrissenheit der deutschen Stände und
des deutschen Staates. Einen Weg, um aus diesen Schwierigkeiten herauszukommen, biete das
Christentum: Wir müssen diesen Weg zurücklegen mit einem tief begründeten christlichen
Glauben. Wenn wir den nicht haben, dann brechen wir zusammen2*1'. Auf diese sehr
grundsätzliche Stellungnahme Niethammers antwortete der Abgeordnete Renner (SPD) für
seine Person. Er stellte in Abrede, daß die Weimarer Verfassung so unzulänglich gewesen sei,
im Gegenteil. Vielmehr sei die Verfassung von Weimar als Symbol der Republik von vornherein
zurückgewiesen worden. Von liberaler Seite, nämlich vom Abgeordneten Leuze, wurde zum
einen die allgemeine Verbindlichkeit der christlichen Begründung der Verfassung in Frage
gestellt. Zum anderen bestritt Leuze energisch, daß die Erfahrungen der Weimarer Republik die
herausgehobene Stellung eines Staatspräsidenten in Württemberg-Hohenzollern rechtfertigten.
Leuze meinte: Ich frage mich, ist nun wirklich der Staatspräsident die große Lösung, die
Offenbarung der Abgeordneten, wie es Herr Dr. Niethammer versteht, birgt nicht auch dieser
Staatspräsident außerordentliche Gefahren in sich?2*'' Leuze sah allein in einem vom Volk
gewählten Landtag und einer diesem verantwortlichen Regierung die Garantie für eine
dauerhafte demokratische Entwicklung: Ich bin der Überzeugung, daß die demokratische
Regierungsweise das Schwergewicht im Staat beim Landtag als sehr wichtig voraussetzt... Eine
demokratische Freiheit kann sich bei uns, so wie ich die Dinge sehe, nur herausbilden, wenn das
Volk meint, daß der von ihm gewählte Landtag, der sich aus verschiedenen Uberzeugungen

241 Ebd. (wie Anm. 237) S. 52 Abgeordneter Dr. Niethammer (CDU).

242 Ebd. (wie Anm. 237) S. 52 Abgeordneter Dr. Niethammer.

243 Ebd. (wie Anm. 237) S. 51 Abgeordneter Dr. Niethammer.

244 Ebd. (wie Anm. 237) S. 58 Abgeordneter Dr. Leuze (DVP).

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