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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zhg1982/0261
Württemberg-Hohenzollern als Land der französischen Besatzungszone

ihren Entwurf gerade in diesem Punkt um jeden Preis durchgesetzt hätte. Im übrigen
beschlossen die Abgeordneten der CDU nun eine noch weitergehende Bindung des Schulwesens
an christliche Grundlagen. Auf einen Vorschlag des Abgeordneten Bischoff hin wurde
nämlich Artikel 112 neugefaßt, so daß er nun alle öffentlichen Schulen nur als christliche
Schulen auf bekenntnismäßiger Grundlage zuließ255. Zugleich wurde als ein weiteres Erziehungsziel
das zu Zucht und Sitte in den Verfassungsentwurf aufgenommen256.

Noch einmal wurde bei der Beratung der einzelnen Artikel etwas von den grundsätzlichen
Absichten von Bock und vor allem von Niethammer sichtbar. Bei der Behandlung von
Artikel 64 des Entwurfs, der die Zuständigkeit eines künftigen Staatsgerichtshofs regelte,
schlug der Abgeordnete Gog überraschend einen zusätzlichen Artikel 64a vor. Darin verlangte
er, daß sich die Prüfung der Verfassungsmäßigkeit von Rechtsvorschriften durch den Staatsgerichtshof
auch darauf erstrecken müsse, ob die der Nachprüfung unterliegende Rechtsvorschrift
mit dem christlichen Sittengesetz übereinstimmt, auf welchem die Verfassung beruht257. Auch
Gog verwies in diesem Zusammenhang auf die angeblich schlechten Erfahrungen mit der
Weimarer Verfassung. Eine Wiederholung könne nur vermieden werden, wenn auch die neue
Verfassung für Württemberg-Hohenzollern auf dem christlichen Sittengesetz basiere. Wir
müssen diesen Grundsatz von dem christlichen Sittengesetz unbedingt in die Verfassung
hineinbringen, wenn die Renovierung unseres Staates ein Sinn haben soll. Wir wollen jede
Rechtsvorschrift danach prüfen können, ob sie dem Geist des Christentums entspricht oder
nicht259. Ja, Gog sah in dieser Beziehung eine wesentliche Lücke im Entwurf von Bock und
Niethammer. Auch der Abgeordnete Bischoff unterstützte Gogs Antrag und hob den Wunsch
seiner Fraktion nach einer christlichen Staatsverwaltung hervor259. Freilich wandten sich
sowohl Bock als auch Niethammer gegen die Bindung von Rechtsvorschriften an ein
christliches Sittengesetz an dieser Stelle der Verfassung. Beide hatten aber gegen die dem Antrag
zugrundeliegende Absicht an sich nichts einzuwenden. So meinte Niethammer: Ganz gewiß
liegt uns allen gleich viel daran, daß sich der Gehorsam gegen Gott wieder entfaltet.

255 Ebd. S. 105 Abgeordneter Bischoff: Könnte man bei Artikel 112 nicht schreiben: >Die öffentlichen
Schulen sind christliche Schulen. Dann wäre auch für die höheren Schulen der christliche Unterricht
vorgeschrieben. Artikel 112 in der vom Verfassungsausschuß am 20. 3. 1947 beschlossenen Fassung: Abs. 1:
Die öffentlichen Volksschulen sind christliche Schulen auf bekenntnismäßiger Grundlage. Christlicher
Glaube und christliche Gesinnung tragen den gesamten Unterricht. Abs. 2: An den öffentlichen Volksschulen
werden grundsätzlich nur Lehrer angestellt, die in Lehrerbildungsanstalten ihres Bekenntnisses ausgebildet
sind. Abs. 3: Steht in einer Schule eine Minderheit von Schülern eines Bekenntnisses einer Mehrheit von
Schülern eines anderen Bekenntnisses gegenüber, so wird den Bedürfnissen der Minderheit auf Antrag der
Erziehungsberechtigten je nach Anzahl der Schüler angemessen Rechnung getragen. Abs. 4: Ein Schulgesetz
bestimmt das Nähere. Zur Schulfrage, die in Südwürttemberg besonders - auch verfassungsrechtlich -
umstritten war, vgl. Rolf Winkeler, Schulpolitik in Württemberg-Hohenzollern 1945-1952. Eine
Analyse der Auseinandersetzungen um die Schule zwischen Parteien, Verbänden und französischer
Besatzung (Veröffentlichungen der Kommission für geschichtliche Landeskunde in Baden-Württemberg
B 66.). 1971; zusammenfassend vgl. Gerd Friedrich Nüske, Schulen und Schulfrage, in: Württemberg-
Hohenzollern (wie Anm. 2) S. 293-303.

256 Niederschrift (wie Anm. 237) S. 106 Abgeordneter Bischoff. Artikel 106 Abs. 2 des vom Verfassungsausschuß
beschlossenen Entwurfs: Die Jugend soll besonders zur Ehrfurcht vor Gott, zur Achtung der
religiösen Überzeugung anderer, zur Zucht und Sitte, zur Selbstbeherrschung und zum Verantwortungsbewußtsein
, zur Versöhnung und zum Ausgleich sowie zum achtungsvollen Verständnis für andere Völker und
Staaten angehalten werden.

257 Niederschrift (wie Anm. 237) S. 88 Abgeordneter Gog.

258 Ebd. S. 88.

259 Ebd. S. 89 Abgeordneter Bischoff: Ich glaube, daß wir es nicht deutlich genug sagen und in der
Verfassung verankern können, daß wir eine christliche Staatsverwaltung wollen.

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