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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zhg1982/0274
Gerd Friedrich Nüske

Staatspräsidenten und des Staatsrats statt. Dies war auch in Baden und in Württemberg-
Hohenzollern der Fall gewesen. Auch hier hatten die in den jeweiligen Verfassungsentwürfen
vorgesehenen Staats- oder Ständeräte und die mit weitgehenden Vollmachten ausgestatteten
Staatspräsidenten das Mißtrauen der französischen Militärregierungen geweckt. Auch der Chef
der französischen Militärregierang, Generalgouverneur Claude Hettier de Boislambert, informierte
sich persönlich über den Stand der Verfassungsberatungen. Er empfing am 11. März
1947 den gesamten Verfassungsausschuß300. Diesmal stand die verfassungsmäßige Regelung der
stark umstrittenen Schulfrage im Mittelpunkt. Auch dies war in Baden ein Streitpunkt zwischen
Militärregierung und der Mehrheit des Verfassungsausschusses gewesen. Bei der Unterredung
zwischen Gouverneur Hettier de Boislambert und dem rheinland-pfälzischen Verfassungsausschuß
wurde im übrigen offenbar, daß die französische Seite auch bei anderen Gelegenheiten
auf die dortigen Verfassungsberatungen Einfluß genommen hatte. Als nämlich die Mehrheit des
Verfassungsausschusses die entscheidende Bedeutung des Elternwillens für die zu wählende
Schulform unterstreichen wollte, berief sie sich auf entsprechende Äußerungen General
Schmittleins. Dieser habe geraten, die Schulfrage aus der Verfassung herauszunehmen und der
späteren Gesetzgebung vorzubehalten. Raymond Schmittlein war Directeur de l'Education
Publique in Baden-Baden und eine der herausragenden Gestalten neben General Koenig
gewesen. Als ehemaliger Professor an der litauischen Universität Kaunas (Kowno) und
Direktor des Instituts Franjais in Riga war Schmittlein ein ausgewiesener Fachmann auf dem
Gebiet der auswärtigen Kulturpolitik gewesen. Der Gouverneur freilich schien wenig erbaut
davon gewesen zu sein, daß die deutschen Politiker höhere französische Stellen gegen ihn ins
Feld führten. Er betonte, daß die rheinland-pfälzische Verfassung betreffende Entscheidungen
nur der Gouverneur persönlich treffen könne. Zudem habe er sich mit dem Zonenbefehlshaber
unmittelbar ins Benehmen gesetzt: Er habe noch heute mit General Koenig gesprochen. Es solle
doch versucht werden, daß die Verfassung alles umfasse. Wenn aber eine Einigung nicht möglich
sei, sei die Herauslösung der Schulfrage erst an letzter Stelle in Betracht zu ziehen. Wie in der
Schulfrage, so ließ sich die Militärregierang auch bei den anderen Verfassungsnormen berichten
und schaltete sich nach Gutdünken ein301.

Die Interventionen der Militärregierung wurden noch massiver, als der Verfassungsentwurf
schließlich in der Beratenden Landesversammlung beraten wurde. Am 27. Januar 1947 ließ Emil
Laffon, der Administrateur General der Baden-Badener Militärregierung die Delegations
Superieures in Rheinland-Pfalz wissen, inwieweit die vorgesehenen Schulartikel den Richtlinien
der Militärregierang widersprächen302. Doch Hettier de Boislambert war sich offenbar
selbst nicht ganz schlüssig, welcher Schulform er den Vorzug geben sollte. Die Problematik der
rheinland-pfälzischen Schulartikel soll hier nicht weiter verfolgt werden. Festzuhalten ist allein,
daß auch hier die französische Militärregierang offen und massiv in die Verfassunggebung
eingriff, ähnlich wie in Baden, aber anders als in Württemberg-Hohenzollern. In Rheinland-
Pfalz ging dies so weit, daß die Abstimmung über die Schulartikel für die CDP und damit gegen
die Militärregierung ausfiel, und diese im Nachhinein unter Berufung auf die Verordnung
Nr. 95 Absatz 4 versuchte, das Abstimmungsergebnis zu unterlaufen. Die Regierang von

300 Ebd. S. 202-207: Protokoll über die Besprechung des Verfassungsausschusses mit Herrn Generalgouverneur
Hettier de Boislambert am 11. 3. 1947, Ii Uhr bei der Militärregierung in Koblenz.

301 Zur Schulfrage in Rheinland-Pfalz vgl. Angelika Ruge-Schatz, Umerziehung und Schulpolitik in
der französischen Besatzungszone 1945-1949 (Sozialwissenschaftliche Studien 1). Frankfurt-Bern-Las
Vegas 1977; über Rheinland-Pfalz, bes. S. 105ff.

302 Ruge-Schatz (wie Anm. 301) S. 106 und Anm. 416 unter Berufung auf die maschinenschriftliche
Fassung der Arbeit von Richard Gilmore, France's Postwar Cultural Policies and Activities in Germany:
1945-1956. These presentee ä Puniversite de Geneve pour l'obtention du grade de Docteur des Sciences
PoÜtique. These No 220. Washington D.C. 1973.

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