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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zhg1982/0275
Württemberg-Hohenzollern als Land der französischen Besatzungszone

Rheinland-Pfalz wies dieses Vorgehen jedoch mit dem Argument zurück, daß ein solches
Verfahren nach Annahme der Verfassung nicht mehr möglich sei303.

Der Vorentwurf zu einer zukünftigen Verfassung von Rheinland-Pfalz hatte in den Artikeln
122-128 die Errichtung eines Staatsrats zur Mitwirkung bei der Gesetzgebung und bei der
Verwaltung vorgesehen. Ähnlich wie bei den Vorstellungen der BSCV für die badische
Verfassung und dem darin vorgesehenen Ständerat sollte auch der Staatsrat in Rheinland-Pfalz
sich aus Vertretern verschiedener gesellschaftlicher Gruppen zusammensetzen. So sollten die
sich selbstverwaltenden Heimatlandschaften sowie die großen Verbände des kirchlichen,
kulturellen, wirtschaftlichen und sozialen Lebens vertreten sein. Insgesamt sollte der Staatsrat
36 Mitglieder umfassen, also sieben mehr als der badische Ständerat. Die Befugnisse des
Staatsrats waren, verglichen mit dem badischen Ständerat, nicht unbeachtlich. Sie gipfelten
darin, daß dem Staatsrat sogar ein Einspruchsrecht gegen einen Gesetzesbeschluß des Landtags
eingeräumt wurde. Trat ein solcher Fall ein, so sollte der Einspruch des Staatsrats nur mit einer
Zweidrittelmehrheit des Landtags zurückzuweisen sein. Insgesamt war dies eine Konstruktion,
wie sie nach dem Bonner Grundgesetz im Verhältnis zwischen Bundestag und Bundesrat in
ähnlicher Weise besteht. Freilich waren die Befugnisse des Staatsrats weitgehender. Denn wenn
der Landtag den Einspruch des Staatsrats nur mit einfacher Mehrheit zurückweist, war der
Gesetzesbeschluß des Landtags hinfällig, es sei denn, daß ein vom Staatspräsidenten herbeigeführter
Volksentscheid den Beschluß bestätigte. Desgleichen konnte der Staatsrat die Gesetzesinitiative
ergreifen, indem er über die Staatsregierung als Mittler dem Landtag Gesetzesentwürfe
vorlegen konnte. Hier war dem Staatsrat anders als in Baden eindeutig die Stellung einer
Ersten Kammer eingeräumt. Zu Gesetzesvorlagen der Staatsregierung konnte der Staatsrat sich
nur gutachtlich äußern, aber immerhin konnte er seine abweichende Meinung vor den Landtag
bringen. Die Staatsregierung mußte ihrerseits den Staatsrat über ihre Arbeit auf dem Laufenden
halten. Auch war dem Staatsrat bei der Staatsregierung ein Anhörungsrecht garantiert. Alles in
allem ging die vergleichsweise starke Stellung des Staatsrats im Süsterhennschen Vorentwurf für
eine zukünftige Verfassung zu Lasten des Landtags, aber auch auf Kosten des Staatspräsidenten.
Auch insoweit war der vorgesehene Staatsrat weitaus besser ausgestattet als der badische
Ständerat. Der Staatspräsident sollte nach den Überlegungen von Süsterhenn vom Landtag und
vom Staatsrat gemeinsam gewählt werden. Das Amt des Staatspräsidenten war als ein
überparteiliches gedacht, ihm oblag der Interessenausgleich und die Wahrung der innenpolitischen
Stabilität. Andererseits stand dem Staatspräsidenten aber auch ein Notverordnungsrecht
zu. Im übrigen sollte der Staatspräsident das Land nach außen vertreten und die Ernennung und
Entlassung der Staatsbeamten vornehmen.

Unter den Mitgliedern des Verfassungsausschusses war bemerkenswerterweise der Staatspräsident
stärker umstritten als der vorgesehene Staatsrat. Die Kritik kam, wie in Freiburg auch,
von der politischen Linken. Der Sprecher der Sozialdemokratie im Verfassungsausschuß lehnte
die Einrichtung des Staatsrat nicht einmal grundsätzlich ab, hielt ihn aber mit Rücksicht auf das
verhältnismäßig kleine Staatsgebiet für überflüssig. Die Kritik am Staatsrat als einer weiteren
Kammer ging allenfalls dahin, daß man den Landtag für eine Vertretung aller Interessen für
ausreichend hielt. Um so entscheidender war das Engagement der CDU für den Staatsrat. Dies
ging so weit, daß die CDU von der Beibehaltung des Staatspräsidenten absah, andererseits aber
entschieden für den Staatsrat eintrat. Trotzdem wurden die Verfassungsbestimmungen über
den Staatsrat schon während der Beratungen des Verfassungsausschusses ersatzlos gestrichen.

303 Ruge-Schatz (wie Anm. 301) S. 111.

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