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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zhg1982/0288
Neues Schrifttum

Weimarer Republik sowie über die Bundestagswahlen nach 1949 nur mit erheblichen Einschränkungen
sagen (Karten VII, 7-9). Zuerst sucht man im Beiwort vergeblich nach einer Aufschlüsselung der
Wahlkreisnummern. Dann stellt man irritiert fest, daß die Wahlkreise im Kaiserreich nicht mit den Grenzen
der eingezeichneten Landkreise übereinstimmen. Dies hängt damit zusammen, daß nicht die damals
herrschende Verwaltungsgliederung als Einheit verwendet wurde, sondern die Kreisgrenzen nach den
Reformen im Dritten Reich. Damit ist zwar eine Einheitlichkeit der Verwaltungsbezirke vom Kaiserreich
bis zur Bundesrepublik erreicht, die aber zu keinen vergleichbaren Aussagen führt, da eine Umrechnung
der Reichstagswahlen auf die Kreise bei den Bundestagswahlen nicht mehr mögüch ist.

Die beiden Blätter über die Wahlen im Kaiserreich und in der Bundesrepublik vermitteln einen
Uberblick über die Entwicklung in den behandelten Epochen. Bei dem Blatt über die Weimarer Republik ist
dies nur unzureichend der Fall. Die Umrechnung der Ergebnisse von 1920-1932 auf die Wahlkreise des
Kaiserreichs führt zu falschen Eindrücken. Im Kaiserreich herrschte ein absolutes Mehrheitswahlrecht, bei
dem mehrere Oberämter gemeinsam einen Abgeordneten in den Reichstag schickten. In der Weimarer
Republik wurde dagegen nach einem fast reinen Verhältniswahlrecht gewählt, d.h. jede Partei erhielt
anteilsmäßig etwa soviele Sitze wie sie Stimmen gewonnen hatte, unabhängig davon, in welchem Oberamt
sie errungen wurden. Die Wahlkreise des Kaiserreichs spielten in der Weimarer Republik keine Rolle mehr
und sind deshalb selbst für einen Vergleich mit den Ergebnissen im Kaiserreich nur bedingt brauchbar.
Dafür ein Beispiel: Der Wahlkreis 10 in Württemberg umfaßte 1912 die Oberämter Gmünd, Göppingen,
Schorndorf und Welzheim. Trotz einer starken katholischen Bevölkerungsmehrheit in Gmünd stellte das
Zentrum im Kaiserreich hier keinen Kandidaten auf, da es sich zu Recht in dem mehrheitlich evangelischen
Wahlkreis keine Chancen ausrechnete. Bei der Juli-Wahl 1932 ist nun die NSDAP relativ stärkste Partei in
diesem ehemaligen Wahlkreis. Betrachtet man aber die einzelnen Oberämter, so ergibt sich ein sehr viel
differenzierteres Bild. Im Oberamt Gmünd besaß das Zentrum immer noch die absolute Mehrheit
(NSDAP: 16,6 %). In Göppingen wurde die NSDAP nur sehr knapp zur relativ stärksten Partei (NSDAP:
22,9%; SPD: 22,5 %; KPD: 21,1%). Dagegen gelangen den Nationalsozialisten in Schorndorf und
Welzheim mit 38 bzw. 43% sehr viel deutlichere Erfolge. Ähnliche Beispiele ließen sich für fast alle
Wahlkreise und für jede Wahl aufführen.

Bei der Wahl 1930 mußte der Württembergische Bauern- und Weingärtnerbund auf der Karte unter den
Sonstigen aufgeführt werden, angeblich »bedingt durch die Anlage der Reichsstatistik« (Beiwort S. 6). Nun
gibt aber die Statistik des Deutschen Reichs die Ergebnisse des Bauern- und Weingärtnerbundes 1930 exakt
wieder, so daß die Schätzung absolut überflüssig ist. Bei den Reichstagswahlen 1920 werden die Stimmen
des Bauern- und Weingärtnerbundes einfach der DNVP zugeschrieben, obwohl beide Parteien - im
Unterschied zu 1919 - getrennt auftraten und der Bauernbund fast doppelt soviel Stimmen erhielt wie die
DNVP. Von einer Absonderung des Bauernbundes erst 1924 (Beiwort S. 6) kann also nicht die Rede sein.
Auch wenn Bauernbund und DNVP über lange Zeit hinweg Fraktionsgemeinschaften im Reichs- und
Landtag beibehielten, waren es doch getrennte Parteiorganisationen von Beginn der Weimarer Republik an,
die auch unterschiedliche Vorgänger im Kaiserreich besaßen. Zu den beiden hohenzollerischen Landkreisen
sei nur kurz angeführt, daß das Zentrum in Sigmaringen immer besser abschnitt als in Hechingen, obwohl
sich der Katholikenanteil nur geringfügig unterschied.

Zur Bundestagswahl 1957 hätte im Beiwort zumindest erwähnt werden müssen, daß die CDU im Lande
sehr unterschiedliche Ergebnisse erzielte. Während sie in den Hochburgen Südwürttemberg und Südbaden
etwa 4% gegenüber 1953 verlor, konnte sie in Nordbaden und Nordwürttemberg erhebliche Gewinne
erreichen. Bei den hohen Ergebnissen von CDU bzw. früher vom Zentrum wäre es überlegenswert
gewesen, Wahlkreise und Oberämter, in denen die stärkste Partei mehr als z. B. 60 oder 65 % erzielte, noch
einmal mit einer eigenen Schraffierung zu versehen.

Die Folgen des Nationalsozialismus, dessen Aufstieg in der Wahlkarte leider nur unzulänglich
dargestellt wird, können an zwei hervorragenden Karten über die Kriegsschäden in Baden-Württemberg
1939-1945 (Karte VII, 11) und die militärische Besetzung von Baden-Württemberg 1945 (Karte VII, 10)
abgelesen werden. Auch Baden-Württemberg wurde vom Luftkrieg im Zweiten Weltkrieg sehr hart
getroffen. In 28300 Bomber-Einsatzflügen warfen die Alliierten über 87000 Tonnen Bomben über dem
Land ab, davon über 75 % im letzten Kriegsjahr von März 1944 bis März 1945, als die deutsche Luftwaffe
praktisch nicht mehr existierte. In dieser Zeit starben auch die meisten Menschen. So fielen in Heilbronn im
Dezember 1944 über 6000 Menschen einem Angriff zum Opfer, während es in Pforzheim im März 1945
sogar 17000 Tote gab, womit Pforzheim neben Dresden die höchsten Menschenverluste durch Bombenangriffe
in Deutschland erleiden mußte. Interessant ist im Beiwort besonders, daß die Erfolge der deutschen
Luftabwehr bis weit in das Jahr 1944 hinein sehr viel größer waren, als gemeinhin angenommen wird. So

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