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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zhg1982/0290
Neues Schrifttum

Von der Ständeversammlung zum demokratischen Parlament. Die Geschichte der Volksvertretungen in
Baden-Württemberg. Hrsg. von der Landeszentrale für politische Bildung Baden-Württemberg.
Stuttgart: Theiss 1982. 376 S.

Wer sich eine Karte Südwestdeutschlands aus der Endphase des Alten Reichs ansieht, der ist beeindruckt
vom Fleckerlteppich von Herrschaften der unterschiedlichsten Herkunft und Größe. Ebenso unterschiedlich
waren die Formen ständischer Vertretungen. Für den Historiker stellt diese Vielfalt eine nicht leicht zu
bewältigende, trotzdem lohnende Thematik dar. Der Band nun, den die Landeszentrale für politische
Bildung zur Geschichte der Repräsentation in diesem Raum herausgebracht hat, behandelt denn auch im
ersten Teil diese »vorparlamentarische Zeit«. Dabei dürfte es gelungen sein, etwas Ordnung und Ubersicht
in die Vielfalt der Formen gebracht zu haben. Herausgegriffen sei - in Erinnerung an den Altmeister der
Parlamentarismusforschung in Württemberg - der Aufsatz »Stände in Württemberg« von Walter Grube,
dies auch deshalb, weil sich hier die so schwierige Frage nach Kontinuitäten in etwa beantworten läßt. Sie
lagen nicht im Fortleben alter Formen, wohl aber in einer in Jahrhunderten gewachsenen Prädisposition des
Landes für eine repräsentative Teilhabe der Stände, schließlich des Volkes an der Macht.

Die napoleonische Zeit hat dem Alten Reich, mit ihm seinem Vertretungswesen, ein Ende gesetzt. Was
sich dann 1818 das Großherzogtum Baden, 1819 das Königreich Württemberg und 1833 auch noch das
Fürstentum Hohenzollern-Sigmaringen an Konstitutionen gaben, entsprang modernem, liberal-bürgerlichem
Verfassungsdenken. Charakteristika waren, daß über das »monarchische Prinzip« der Fürst
Bezugspunkt der Macht blieb und, von den Verfassern hervorgehoben, die Zählebigkeit eines Konstitutionalismus
, der bis 1918 nicht zum demokratisch-parlamentarischen System fortzuentwickeln war. Die Folge
für die nächste Phase, die Weimarer Republik, sollte sein, daß Demokratie und Republik so wenig eingeübt
waren, daß sie die schwierigen Jahre der Weimarer Zeit nicht überlebten. Hier hätten dem Band, der so
überreich mit Bildern, Grafiken, Tabellen ausgestattet ist, auch einige Karten gutgetan, die bis in die
Wahlkreise hinein den Wandel im Wahlverhalten sichtbar gemacht und damit wohl auch einige Kontinuitäten
aufgedeckt hätten, etwa den Weg von den Hochburgen des Liberalismus, besser Nationalliberalismus,
hin zur Abwendung des Bürgertums von der Demokratie in der Endphase der Republik. Die vierte Phase ab
1945 ist noch Gegenwart. Sie zeichnet sich durch eine überzeugende Konsistenz des parlamentarischdemokratischen
Systems aus, sollte aber auch herausfordern, es immer wieder neu zu überdenken, zumal
eine ganze Reihe von aktuellen Fragen vorüegt. So hätte man sich zum Abschluß des Bandes einen von
kompetenter Seite geschriebenen Aufsatz über Probleme des Parlamentarismus gerade in einer Landschaft
mit so reichen Traditionen und von zeitweise wegweisender Wirkung gewünscht. Trotzdem werden den
Band, von Historikern geschrieben, zwar ohne Anmerkungsapparat, aber gut und mit einem kombinierten
Sach- und Personenregister erschlossen, Fachleute wie Laien mit Gewinn zur Hand nehmen. Eine
Auswahlbibliographie vermittelt weitere Literatur. Allerdings hätten einige Titel nicht fehlen dürfen. Zur
Einführung etwa das Werk von Klaus Beyme: Die parlamentarischen Regierungssysteme in Europa,
München 1970, trefflich geeignet zur Klärung der Begriffe und gleichzeitig eine Fülle von Vergleichsmöglichkeiten
bietend. Dann für das Alte Reich die ergiebige Aufsatzsammlung: Die geschichtlichen
Grundlagen der modernen Volksvertretung. Die Entwicklung von den mittelalterlichen Korporationen zu
den modernen Parlamenten. Hrsg. von Heinz Rauch. 2 Bände, Darmstadt 1974-1980 (Wege der Forschung
196. 469.) Und wenn schon Literatur über Erzberger, dann auf jeden Fall Klaus Epstein: Erzberger und das
Dilemma der deutschen Demokratie, (aus dem Amerikanischen), Berlin, Frankfurt 1962. Erschienen ist
inzwischen auch der Festvortrag, den Lothar Gall in der Feierstunde des Baden-Württembergischen
Landtags am 25. April 1982 anläßlich des 30jährigen Bestehens des Landes (aus demselben Anlaß erschien
obiger Band) gehalten hat: »Der deutsche Südwesten und die Entwicklung der parlamentarischen
Demokratie in Mitteleuropa« in »aus politik und Zeitgeschichte, beilage zur wochenzeitung das parlament«,
B 31/82.

Mainz Hugo Lacher

Franz Quarthai und Georg Wieland: Die Behördenorganisation Vorderösterreichs von 1753 bis 1805 und
die Beamten in Verwaltung, Justiz und Unterrichtswesen. Bühl/Baden: Konkordia 1977. 591 S.
(Veröffentlichung des Alemannischen Instituts Freiburg i. Br. Nr. 43).

Dieses Buch ruft einmal mehr ins Bewußtsein, daß die Geschichte von Vorderösterreich bisher noch nicht
den Stand erreicht hatte, wie ihn die landesgeschichtliche Forschung der süddeutschen Nachfolgestaaten -

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