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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zhg1983/0038
Stephan Wiest

Die Bestimmungen wollten auch einen allgemeinen und regelmäßigen Schulbesuch erreichen
. »Gegen Eltern, die ihre Kinder nicht zur Schule schicken, sollte scharf vorgegangen
werden. Sie sollen das doppelte Schulgeld zahlen, und, falls sie unbemittelt waren, beim
Neubau oder bei Reparaturen der Schulhäuser mithelfen«7. Die Schulpflicht war zwar
vorgeschrieben - mit der Durchführung hatte es noch jahrzehntelang gute Weile! Sowohl zur
Zeit der Klosterherrschaft als auch im Fürstentum Hohenzollern Sigmaringen, ja selbst noch in
der Zugehörigkeit zu Preußen war die Auffassung lange vorherrschend, daß die Kinder
zunächst den Eltern zur Mitarbeit in Haus und Landwirtschaft zur Verfügung stehen müssen.
Nach zwei Verzeichnisbüchern der Schule Kappel 17888 bis 18149 sind die Versäumnisse recht
erheblich, ja manche darin eingetragenen Schüler kamen überhaupt nicht zum Unterricht. Der
gelegentlich auftretende Vermerk arm soll wohl das Fehlen des Kindes entschuldigen. Nach
diesen Unterlagen besuchten von insgesamt 34 aufgeführten Schülern in Kappel im Oktober
1788 an den 19 Schultagen dieses Monats 3 Knaben und 2 Mädchen die Schule gar nie,
1 Mädchen nur an 2 Tagen; 1 Mädchen nur an 7 und 2 Geschwister nur an 8 Tagen; 14 weitere
Schüler fehlten an 1 bis 8 Schultagen. Ähnlich war es im Februar 1802: an den 19 Schultagen
ließen sich von den insgesamt 34 Schulpflichtigen 6 Schüler nie blicken, eine große Anzahl nur
an wenigen Schultagen. Etwa nach 1815 scheint es in Kappel damit etwas besser geworden zu
sein, es wurden auch Strafen aufgeführt, wovon früher nichts zu lesen war. Vermutlich hing es
mit der Person und Tätigkeit des damaligen Lokalschulinspektors Pfarrer Ebe zusammen, der
als ehemaliger Salemer Konventual um die Volksbildung außerordentlich besorgt war. Am
29. April 1810 trägt er als Pfarrer und nächster Schulaufseher in das Verzeichnis der Sonntagsschüler
ein: Abwechselnd muß jeder Schulverbundene andertmale in der hiesigen Schule
erscheinen, wer ohne Erlaubnis oder Entschuldigung ausbleibt, dieses soll der Lehrer ohne alle
Rücksicht aufzeichnen. Und im Hornung 1811 trug er in die Kappeler Schülerliste ein, daß die
vorgemerkten Schulstrafen vom Fürstlichen Oberamte Wald eingezogen und dem Pfarrer in
Walbertsweiler übergeben und von diesem zum Besten der Schule verwendet worden sind. Von
gleicher Handschrift lautet eine Nota: die vorstehenden ohne Grund Ausgebliebenen wurden
den 22 ten Januar ausgezogen und mußten die bestimmte Strafe zahlen .

Noch sieben Jahrzehnte nach der Schulgründung, am 24. November 1857, hielt es die
Königlich Preußische Regierung in einem Circular an die Schulkommissariate für angebracht,
noch strenger zu bestimmen, daß die Erlaubnis zur Verwendung von Schulkindern beim
Viehhüten während der Schulzeit nur für solche Schüler gegeben werde, welche

a) das 10. Lebensjahr vollendet haben,

b) bis dahin die Winterschule regelmäßig besucht haben,

c) genügend Lesefertigkeit erlangt haben, und

d) über deren Armut sichere Beweise durch Attest der zuständigen Obrigkeit hergebracht
werden.

Das Oberamt Wald berichtete darauf am 4. Februar 1857 an die Regierung, daß in diesem
Bezirk wenige und in der Regel nur sonntagsschulpflichtige Knaben und Mädchen zum
Viehhüten verwendet werden11.

Außer der Beihilfe in der Landwirtschaft war die Kinderarbeit in der Glashütte lange eine
Ursache für den schlechten Schulbesuch in Kappel. Nach dem Schulprüfungsbericht stellte die
Königliche Regierung noch am 23. Dezember 1874 fest: Als Krebsschaden ist es zu verzeichnen,
daß die Polizeiverordnung vom 16. Dezember 1856 betreffend Fabrikarbeit der Kinder in

7 Jerg (wie Anm. 4) S. 44.

8 Ortschaftsarchiv Kappel. Verzeichnisbuch der Schule Kappel eines jeden Monats, beginnend 1788.

9 Ortschaftsarchiv Kappel. Verzeichnisbuch der Schule Kappel eines jeden Monats, beginnend 1813.

10 Wie Anm. 8.

11 StASigmaringen Akten des Preußischen Oberamtes Wald, Schulsachen Generalia NVA I 9722.

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