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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zhg1983/0094
Erich Franz

Am 1. November 1777 schickte Kanzler Franck aus Hechingen dem d'Ixnard seinen
Kirchenplan nach Koblenz und bat ihn, die Seitenschiffe zu verändern und die Seitenaltäre so
aufzustellen, daß man sie alle am Ende der Kirche sehen könnte. Wahrscheinlich wurde damals
an d'Ixnard auch der Riß von Großbayer mitgeschickt. Jedenfalls ist d'Ixnard in seinem aus
Koblenz geschickten Plan (Abb. 5-7) auf die Einwände eingegangen, indem er die Seitenschiffe
ganz wegließ und sich an den einfachen Saalbau von Großbayer hielt. In der Wand- und
Raumgestaltung zeigt er aber wieder seine typischen Gestaltungsmerkmale. Die Außenwände
sind durch glatte Lisenen gegliedert, von denen sich alle plastischen und gerundeten Formen
deutlich abheben: das Portal, die Fenster, die Tafeln darüber. Auch die Turmgeschosse stehen
klar abgesetzt aufeinander: das dem Kirchenbau einbezogene Untergeschoß, der freistehende
kubische Körper mit abgerundeten Ecken und der abschließende Zylinder. Wiederum scheinen
die Tafeln, Tücher und Vasen einzeln angefügt und aufgesetzt.

Die Neuartigkeit der d'Ixnardschen Formensprache wird besonders deutlich, wenn man
den ausgeführten Hechinger Kirchenraum (Abb. 8) mit der nur 25 Jahre zuvor entstandenen
Wallfahrtskirche St. Anna in Haigerloch (Abb. 9) vergleicht, die 1753-57 vermutlich von
Tiberius Moosbrugger erbaut worden ist. Die Raumfolge von saalförmigem Laienhaus, leicht
ausladenden querhausartigen Kapellen und eingezogenem Chor war für Großbayers Entwurf
zur Hechinger Kirche - und damit auch für d'Ixnard - vorbildlich, doch ist der Raumeindruck
ein völlig anderer. Die Wände scheinen sich aufzuschwingen zu den Gewölben, die Altäre
staffeln sich zum bildhaft abschließenden Chor und schmiegen sich den eingezogenen
Wandstücken an. Alles scheint in Bewegung, nichts ist für sich isoliert zu sehen.

Dagegen ist d'Ixnards Hechinger Kirchenraum kühl und bewegungslos, die Wände und die
flache Decke sind deutlich getrennt, die Gliederung besteht aus klar abgesetzten Pilastern und
Fenstern, die dunkleren Altäre, Kanzel und Taufstein sind für sich vor die weiße Wand gesetzt.
Alles ist nüchtern und streng; es gibt keine hervorgehobene Richtung, die den Raum
zusammenfassen würde.

Die Raumform von saalförmigem Langhaus, querhausartiger Erweiterung und gestufter
Zusammenführung zum Chorabschluß hat d'Ixnard der süddeutschen - durch Großbayer
vermittelten - Tradition entnommen, die sich über die Vorarlberger Wandpfeilerkirchen
(Obermarchtal, Abteikirche, 1686-1701) bis zu den spätgotischen Kirchen mit eingezogenen
Strebepfeilern zurückverfolgen läßt. D'Ixnard hat dieser Raumform jegliche Bewegung genommen
, so daß die Bauteile, die Wandabschnitte, die Gliederungsmotive und die Ausstattungsstücke
sehr selbständig gesetzt erscheinen.

Christian Großbayer selber wurde 1779 in Hechingen angestellt, um den Kirchenneubau zu
überwachen. Nach längeren Vorbereitungen legte man am 15. Mai 1780 den Grundstein.
D'Ixnard hatte sich damals bereits wieder in Straßburg niedergelassen, wo er schon 1774-77
gewohnt hatte.

Von dort aus schickte er am 12. März 1780 die noch fehlenden Aufrisse des Kircheninneren,
also den Quer- und den Längsschnitt, von denen letzterer erhalten ist (Abb. 10). Um den
1. August 1780 herum ist d'Ixnard in Hechingen nachweisbar und dann wieder von Dezember
1780 bis Februar 1781. Damals war die Umfassungsmauer ohne das Abschlußgesims errichtet,
der Dachstuhl vorbereitet, aber noch nicht gesetzt, und der Turm war etwa drei Meter hoch
gemauert, mußte aber wegen schlechter Ausführung noch einmal abgebrochen und neu
errichtet werden. Großbayer wurde am 8. Dezember 1780 entlassen. Am 23. Dezember
machte d'Ixnard den Vertrag mit dem Stukkateur Jakob Ruez aus Wurzach und verfaßte eine
Liste der noch anfallenden Arbeiten. Beide Schriftstücke entsprechen genau dem erhaltenen
Längsschnitt. Beim Choreingang waren zudem zwei große Säulen geplant. Über Chor und
Langhaus war je ein Fresko vorgesehen. Ansonsten sollte das gesamte Kircheninnere von unten
bis oben völlig weiß sein, lediglich die Ausstattungsgegenstände zum großen Teil aus farbigem
Alabastermarmor.

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