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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zhg1983/0142
Gerd Friedrich Nüske

US-Zone die dort ursprünglich auch übliche Bevorzugung der verschleppten Personen weitgehend
beseitigt worden ist.

Ein weiteres, für das Finanzministerium Württemberg-Hohenzollern wichtiges Problem
war das Schicksal des früheren Reichs- und Wehrmachtsvermögens. Im Mai 1949 hatte das
Finanzministerium - nicht zum erstenmal - deswegen eine Liste der Besprechungspunkte für die
Besprechung zwischen Herrn Staatspräsident Dr. Müller und Herrn Staatspräsident Dr.
Schuman zusammengestellt. Demnach ging die Rückgabe der von der Besatzungsmacht nicht
benutzen Wehrmachtsliegenschaften - anders als im amerikanischen Besatzungsgebiet -
außerordentlich schleppend vonstatten. Bisher sei von der französischen Besatzungsmacht dem
Lande Württemberg-Hohenzollern nur die Freigabe einiger weniger Anlagen der ehemaligen
deutschen Wehrmacht in Aussicht gestellt worden. Eine tatsächliche Rückgabe sei trotz
zahlreicher Mahnschreiben aber nicht erfolgt. Größere, vom Land Württemberg-Hohenzollern
für eigene Zwecke benötigte Objekte seien vor allem die folgenden: Neues Lager
Münsingen, Reste des Lagers Feldstetten, das ehemalige Remontedepot Breithülen, die
Munitionsanstalt Haid und die Argonnen-Kaserne in Weingarten. Für die formelle Übergabe
der genannten Objekte habe die französische Armee jedoch zunächst die Fertigstellung eines
Ubergabe-Protokolls gefordert. Dieses schließlich erstellte, sehr ausführliche Protokoll sei aber
französischerseits zweimal zur Neuanfertigung zurückgegeben worden. Als endlich im Dezember
1948 die Ubergabe hätte erfolgen sollen, habe sich jedoch herausgestellt, daß das von
französischer Seite mehrfach ausgearbeitete Übergabeprotokoll es kaum noch zulasse, von
einer Übergabe der erwähnten Objekte an das Land Württemberg-Hohenzollern überhaupt zu
sprechen. Inzwischen war nämlich aus der ursprünglich in Aussicht gestellten bedingungslosen
Freigabe nur eine vorübergehende Freigabe geworden. Zudem behielt sich nun die französische
Armee die verwaltungsgemäße Geschäftsführug auch der übergebenen Anlagen weiterhin vor.
Schließlich sei nun auch für die nur vorübergehende Freigabe der Anlagen eine noch später
durch das Oberkommando der französischen Truppen in Deutschland festzulegende Entschädigung
an den französischen Staat zu zahlen. Wie das Finanzministerium betonte, würde vor
allem eine verwaltungsgemäße Geschäftsführung der freigegebenen Anlagen durch die französische
Armee die Freigabe tatsächlich wieder zunichte machen. Was die in den Protokollen
vorgesehene Entschädigung angehe, so meinte das Finanzministerium, daß sich dafür keinerlei
Rechtsgrundlage finden lasse. Weder fände sich im Handbuch für Vermögenskontrolle, noch in
der Haager Landkriegsordnung dafür irgendeine Stütze415. Die Tübinger Staatskanzlei faßte
deshalb diesen Beschwerdepunkt für den Parisbesuch des Staatspräsidenten folgendermaßen
zusammen: Im Laufe der letzten Monate muß im Gegenteil von einer wesentlichen Erschwerung
der Verwaltung des Wehrmachtsvermögens gesprochen werden. Die Ursache hierfür liegt
wohl in erster Linie darin, daß das letzte Wort in der Verwaltung des Wehrmachtsvermögens
von der Truppe, nämlich der Direction des Travaux du Genie du Wurtemberg gesprochen wird,
deren Interesse an den wirtschaftlichen Belangen des Landes ein wesentlich geringeres ist, als das
der Landesmilitärregierung.

Die Liste der Gravamina der südwürtembergischen Ministerien ließe sich lange fortsetzen.
Aus dem Geschäftsbericht des Tübinger Wirtschaftsministeriums sei vielleicht noch das
Problem Frankreich und die Exporthiebe im Lande Württemberg-Hohenzollern und ihre
Bezahlung erwähnt. Auch hier wurde unter der Federführung Gustav von Schmollers
ausführlich dargestellt, daß diese zusätzlichen Holzlieferungen - allgemein Export- und
Frankreichhiebe genannt - im Gegensatz zu den normalen französischen Holzlieferauflagen
nicht im Wege der Requisition verlangt wurden. Vielmehr hatte die Militärregierung für diese
Lieferungen die deutschen Landesregierungen um den Abschluß von Verträgen ersucht. Die

415 Die Haager Landkriegsordnung war das Ergebnis der 1899 und 1907 einberufenen Haager Friedenskonferenz
und beinhaltete verschiedene Übereinkommen über die Art der Durchführung des Landkriegs.

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