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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zhg1983/0208
Neues Schrifttum

einer zünftisch-oppositionellen Haltung gegenüber der karolinischen Verfassungsänderung von 1548, zeigt
sich beim Kaufmann, Ratsherrn und städtischen Amtsinhaber Veit Marchthaler deutlich der obrigkeitliche
Standpunkt des Verfassers, die Identifikation mit dem damaligen Regiment der Stadt Ulm.

Die Geschichtsschreibung ist daneben geprägt durch die politische und verfassungshistorische Entwicklung
der Reichsstadt Ulm. Dies wird vor allem verdeutlicht am Beispiel der Stellungnahme der Chroniken
zum Problem der ulmischen Reichsunmittelbarkeit. Die direkte Verknüpfung des politischen Schicksals der
Stadt Ulm mit der Reichsgeschichte wird bei Sebastian Fischer in seiner Behandlung des Schmalkaldischen
Krieges und der karolinischen Verfassungsänderung thematisiert. Demgegenüber schlagen sich die
zunehmende Schwäche des Reiches und die Verselbständigungstendenz der Reichsstädte in Veit Marchtha-
lers Chronik nieder. Die Bindung an Kaiser und Reich spielt nur noch eine relativ untergeordnete Rolle, ist
vor allem in negativer Weise spürbar durch die mit der Reichsunmittelbarkeit verbundenen finanziellen
Aufwendungen. Sie wird jedoch wieder zum beherrschenden Thema im 18. Jahrhundert, zu einem
Zeitpunkt also, wo aufgrund des Machtstrebens der Territorialmächte die Mediatisierung der Stadt drohte.
Vor allem Stölzlin und Herttenstein legen in ihren Chroniken den Akzent auf eine Darstellung der
Entwicklung Ulms zur Reichsstadt. Beide verwenden die Geschichte als Argument für die Verteidigung der
gefährdeten Reichsstandschaft. Im Hinblick auf die Entwicklung der Darstellungsweise stellt der Verfasser
eine wachsende Fähigkeit zu kritischer Wissenschaft fest, die im 18. Jahrhundert im quellenkritischen,
streng rationalen Umgang mit der Geschichte Stölzlins, Herttensteins und Veesenmeyers kulminiert. Die
Entwicklung zu kritischer Wissenschaftlichkeit findet ihre Entsprechung im Wandel des Sozialprofils der
Chronisten. Ist die Geschichtsschreibung im 16. und 17. Jahrhundert vornehmlich eine Angelegenheit des
akademisch nicht gebildeten Bürgertums, der Handwerker und Kaufleute, so gerät sie im 18. Jahrhundert
fast vollständig in die Hände von Juristen, Geistlichen und Lehrern.

Außer der Analyse der Chronistik findet sich in der Dissertation eine immerhin ca. '/s der Untersuchung
beanspruchende Behandlung des Bildungswesens und der Geistlichkeit der Stadt Ulm im späten 18. Jahrhundert
, die zwar zu interessanten Ergebnissen über ein bisher nicht bearbeitetes Thema gelangt, deren
Funktion für den Untersuchungsgang jedoch besonders angesichts ihrer Länge nicht recht deutlich wird.
Kritisch anzumerken ist, daß der Verfasser an keiner Stelle Kriterien für die Auswahl der vorrangig
behandelten Chroniken benennt. Aus diesem Grund wird nicht deutlich, inwieweit sie als repräsentativ
anzusehen sind. Insgesamt stellt die Untersuchung einen wichtigen Beitrag zur Erforschung der Geschichte
der Stadt Ulm dar.

Konstanz Andreas Wiks

Andreas Bauch: Quellen zur Geschichte der Diözese Eichstätt. Bd. II: Ein bayerisches Mirakelbuch aus der
Karolingerzeit. Die Monheimer Walpurgis-Wunder des Priesters Wolfhard. Regensburg 1979. 372 S.,
2 Karten und 1 Abb. (Eichstätter Studien XII).

Wer sich heutzutage der Mühe unterzieht, durch eine sorgfältige Edition den Quellenbestand zur
Geschichte des Mittelalters zu erweitern, darf der Zustimmung und des Beifalls seiner Fachgenossen gewiß
sein. Andreas Bauch, em. Professor für Geschichte, Alte Kirchengeschichte und christliche Kunst an der
philosophisch-theologischen Hochschule Eichstätt, der den Bericht des Eichstätter Kanonikus Wolfhard
über die »Monheimer Wunder der Heiligen Walpurgis« (Miracula S. Waldburgis Monheimensia auctore
presbytero Wolfhardo) neu herausgab, sachkundig kommentierte und in eine lesbare deutsche Übersetzung
brachte, verdient vorbehaltlos solchen Beifall.

Nur in den »Acta Sanctorum« des 17. Jahrhunderts war bislang eine Gesamtausgabe des Monheimer
»Mirakelbuches« greif- und benutzbar. Der 1658 gedruckte Text enthält, wie kaum anders zu erwarten,
zahlreiche falsche Lesarten. Neue Handschriftenfunde und verbesserte Editionstechniken brachten es mit
sich, daß die alte Edition im dritten Band der »Acta Sanctorum« heutigen Ansprüchen nicht mehr genügt.
O. Holder-Egger beschränkte sich in seiner Monumenta-Ausgabe von 1887 nur auf ihm wichtig
erscheinende Auszüge. Das kommt nicht von ungefähr. Mediävisten des ausgehenden 19. Jahrhunderts
interessierten sich für hagiographische Literatur nur insoweit, als diese das Wissen über historische
Tatsachen erweiterte. Wundererzählungen trugen nicht dazu bei, die »Sicherheit des Faktums« zu erhärten,
und entbehrten so der Editionswürdigkeit.

Dem Verfasser gelingt es, aus dem »Mirakelbuch« eine ergiebige Quelle für die Frömmigkeitsgeschichte
in spätkarolingischer Zeit zu machen. Er trägt umsichtig die wenigen Daten zu Wolfhards Biographie
zusammen, beschreibt seine Arbeitsweise und arbeitet einleuchtend heraus, welche Funktion das Buch in

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