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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zhg1983/0214
Neues Schrifttum

nachweisbar. Auch die Frage nach der Anzahl der Verdiener pro Familie bleibt offen, ebenso das Verhältnis
zwischen bar zu bestreitendem Aufwand und möglicherweise durch Eigenproduktion gedecktem Bedarf.

Im Gegensatz zu diesen »negativen« Ergebnissen konnte der Verfasser deutlich machen, daß die
Charakterisierung des ausgehenden Mittelalters als einer Zeit des allgemeinen Uberflusses und des Luxus
unzutreffend ist. Luxus blieb auf die reiche Oberschicht beschränkt, und im Verhältnis zu den nachweisbaren
Einkommen waren die Kosten für den Lebensunterhalt für die Bewohner der oberdeutschen Städte sehr
hoch. Hier konnte über die Hälfte der Steuerzahler das Kapital für zwei Armenpfründen im Spital
(100 Gulden für ein Ehepaar) nicht aufbringen, wodurch die bei der Interpretation von Steuerlisten früher
schon genannte Vermögensgrenze von 100 Gulden, die die Mittel- von der Unterschicht scheidet, eine
Bestätigung findet.

Für jeden, der sich mit städtischer Wirtschafts- und Sozialgeschichte befaßt, wird die Heranziehung
dieses Werkes von großem Nutzen sein.

Tübingen Rudolf Seigel

Hans Fiiglister: Handwerksregiment. Untersuchungen und Materialien zur sozialen und politischen
Struktur der Stadt Basel in der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts. Basel, Frankfurt am Main: Helbing
und Lichtenhahn 1981. VIII, 416 S. (Basler Beiträge zur Geschichtswissenschaft 143).

Die vorliegende Basler Dissertation untersucht den politischen Strukturwandel, der sich in der ersten
Hälfte des 16. Jahrhunderts in Basel vollzog, seinen zeitlichen Verlauf, seine Ursachen und sozialen
Grundlagen.

In einem ersten Teil der Dissertation wird ausgehend von diesen Untersuchungszielen vor allem mit
Hilfe von zwei Lagemerkmalen die Sozialstruktur der Basler Bürgerschaft analysiert: Stellung auf dem
städtischen Liegenschafts- und Rentenmarkt. Die Verwendung dieser recht ungewöhnlichen Merkmale ist
damit erklärbar, daß in Basel seitdem späten 15. Jahrhundert keine Steuerverzeichnisse vorhanden sind, die
von der bisherigen Forschung vorrangig als Quellen einer auf den Vermögensverhältnissen beruhenden
Analyse der sozialen Schichtung herangezogen wurden. Es ist vor allem die Methodik, die sich trotz der
vom Verfasser selbst aufgezeigten Problematik als ertragreich erweist, die die Arbeit über den lokalgeschichtlichen
Rahmen hinaus für die mittelalterliche und frühneuzeitliche Stadtgeschichtsforschung
interessant macht. Die Analyse selbst bestätigt in differenzierter Form jene Ergebnisse, die in den letzten
Jahren von Untersuchungen der städtischen Sozialstruktur gewonnen wurden: An der Spitze der
Sozialpyramide steht eine sich aus Patriziat und Händlern zusammensetzende Oberschicht. Deutlich
abgehoben von ihr ist die große Masse der zünftischen Handwerker. Die rechtliche Gliederung der
Bürgerschaft in Zünfte deckt sich keineswegs mit der sozialen, denn einerseits finden sich in den von
vermögenden und politisch einflußreichen Händlern dominierten Herrenzünften Handwerker mit niedrigerem
sozialen Status, gehören Handeltreibende den Handwerkerzünften an, andererseits sind vor allem
die in Handwerkerzünften organisierten Bürger keineswegs eine sozial homogene Gruppe.

Es zeigt sich, daß das Vermögen der einzelnen Schichten sich durch eine Analyse des Renten- und
Liegenschaftsmarktes allenfalls relativ zu anderen Schichten und kaum quantifizierbar ermitteln läßt, da
Haus- und Grundbesitz, Kreditnahme und Kapitalanlage Vermögensverhältnisse nur ansatzweise wiedergeben
und insbesondere für die Oberschicht, wie der Verfasser selbst aufzeigt (S. 18 u. 98), nur von
begrenzter Aussagekraft sind. Sie sind es m. E. auch für die zünftischen Gewerbetreibenden, da die Gruppe
jener Handwerker, die aufgrund ihrer Vermögensverhältnisse überhaupt nicht auf den untersuchten
Märkten in Erscheinung tritt, nicht erfaßbar ist. So werden denn auch die Handwerker fast ausschließlich
der Mittelschicht zugerechnet, ohne daß die Problematik einer solchen Zuweisung angedeutet würde.
Neuere Forschungen haben jedoch ergeben, daß ein großer Teil der Zunftbürger am Rande des
Existenzminimums lebte und deshalb aus guten Gründen der Unterschicht zugerechnet werden könnte.
Die Unterschicht läßt sich mit Hilfe der verwandten Lagemerkmale ohnehin nicht erfassen und wird
deshalb in der Untersuchung vollständig übergangen.

Aufbauend auf der dargestellten Schichtanalyse wird im zweiten Teil der Dissertation die politische
Führungsschicht Basels im Vergleich zur Bürgerschaft charakterisiert. Zwei Ergebnisse kristallisieren sich
heraus: 1. »Die Angehörigen der politischen Führungsschicht heben sich in praktisch allen hier zugrundegelegten
sozial relevanten Merkmalen (...) von der Gesamtheit der Bürgerschaft ab. (...) Am deutlichsten
erscheinen durchwegs die handwerkerzünftischen Ratsangehörigen von der Gesamtheit der Handwerker-

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