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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zhg1984/0012
Herben Rädle

Wittenberger Konkordie zu bewegen. Am Wormser Religionsgespräch von 1540 nahm er als
Abgeordneter Basels teil.

Zu solch bedeutender Tätigkeit ist Simon Grynaeus aus bescheidenen Verhältnissen
aufgestiegen. Um das Jahr 1493 (oder 1494/95) ist er als Sohn einfacher Bauern in Veringendorf
in der Grafschaft Veringen geboren. Da seine ungewöhnliche Begabung bald auffiel, schickte
ihn sein Vater, Thomas Griener, 1508 auf die Stadtschule Pforzheim, wo Nikolaus Gerbel und
Georg Simler seine Lehrer wurden. Einer seiner Mitschüler war dort, wie bereits erwähnt,
Philipp Melanchthon aus Bretten, mit dem er zeit seines Lebens in Verbindung blieb.

Daß Kinder aus der bäuerlich-handwerklichen Schicht unter die »Intellektuellen« aufstiegen
, ist gerade in der Humanistenzeit nicht selten. Als vergleichbare Beispiele seien, speziell aus
dem süddeutschen Raum, angeführt: der deutsche Erzhumanist Konrad Celtis, Sohn eines
fränkischen Weinbauern; der Hauptvertreter des Elsäßer Humanismus Jakob Wimpfeling,
Sohn eines Sattlermeisters; der Gastwirtssohn Sebastian Brant (seit 1500 Stadtschreiber in
Straßburg); der zum Heidelberger Humanistenkreis gehörige Winzersohn Johannes Trithe-
mius; ferner der aus den Vogesen stammende Matthias Ringmann Philesius, Dichter und
Bauernsohn ebenso wie die zum Erfurter Humanistenkreis gehörigen Eobanus Hessus und
Euricius Cordus. Humanistische Dichter und Bauernsöhne waren aber auch die von der
Schwäbischen Alb stammenden Heinrich Bebel aus Justingen bei Ehingen und Nikodemus
Frischlin aus Erzingen bei Balingen, der eine ein älterer, der andere ein jüngerer Zeitgenosse
unseres Simon Grynaeus.

Im Jahre 1512 schrieb sich Grynaeus an der Universität Wien ein. Die Matrikel vermerkt:
Baccalaureus Simon Griner ex Feringen peritus in lingua Latina, Graeca et Hebraica. Dort
lernte er den Humanisten Vadian kennen. Zum Magister avanciert, war er anschließend eine
Zeitlang Rektor einer Schule in Ofen (ungar. Buda), wo ihn besonders die Bibliotheca
Corviniana mit ihren über 150 Handschriften anzog. Theologische Streitigkeiten mit den
Dominikanern brachten ihn dort ins Gefängnis. Aus Ungarn ausgewiesen, kam er später nach
Wittenberg, wo Melanchthon wirkte und wo er auch mit Luther bekannt wurde. In diesen für
ihn wohl eher schwierigen Jahren zog er sich vorübergehend auch wieder zu seinen Verwandten
nach Veringen zurück. Das erste sichere Datum ist dann wieder das Jahr 1523, wo ihm
Melanchthon eine Schrift mit dem Titel Necessarias esse... artes dicendi widmete, die in
Hagenau bei J. Secerius gedruckt worden ist. Im Frühjahr 1524 wurde er als Professor für
Griechisch nach Heidelberg berufen, wo ihm 1526 auch die Professur für Latein übertragen
wurde und wo er fünf Jahre lang in bescheidenen Verhältnissen lebte. Um diese Zeit wurde
Erasmus auf ihn aufmerksam. Im Jahr 1527 machte Grynaeus, ein Handschriftenschnüffler aus
Leidenschaft, einen glücklichen Fund, der ihm ein bleibendes Andenken auf philologischem
Gebiet gesichert hat. Er entdeckt im Kloster Lorsch eine Handschrift des Livius mit fünf bis
dahin unbekannten Büchern (41-45). Im Mai 1529 wurde ihm auf Betreiben des Reformators
Oekolampad der Lehrstuhl für Griechisch in Basel angeboten, und Grynaeus nahm, wenn auch
zögernd, an. Er sollte keinen geringeren als Erasmus ersetzen, der - im Unmut über die
Einführung der Reformation in Basel - zusammen mit anderen Gelehrten die Stadt verlassen
hatte. Voraufgegangen war in Basel ein Volksaufruhr, der dem Rat die Einführung der
Reformation abgetrotzt hatte. Damit war seit Februar (1529) der alte Gottesdienst verboten, die
Bilder wurden aus den Kirchen entfernt, die Klöster aufgehoben, die Universität suspendiert.
Oekolampad wurde erster Prädikant am Münster und Führer der Basler Kirche. Die Ungunst
der Zeitverhältnisse, die eine Wiederherstellung der Universität vor 1531 nicht gestatteten, bot
Grynaeus Gelegenheit zu privater philologischer Tätigkeit. So gab er u.a. im Jahr 1531 die
Lebensbeschreibungen Plutarchs auf griechisch heraus, später auch auf lateinisch. Zusammenarbeit
mit dem nach Freiburg i. Brsg. ausgewichenen Erasmus lassen die bei Froben erschienene
Liviusausgabe (mit den fünf neuentdeckten Büchern) und die Aristotelesausgabe von 1531
erkennen, zu denen Erasmus jeweils die Praefatio schrieb. Im Sommer 1531 machte Grynaeus,

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