Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zhg1984/0024
Casimir Bumiller

dazu aus den Audienzprotokollen erhalten, verstärken unseren Eindruck über die sozial
herausragende Stellung einiger Familien, wie es sich schon bei den Eheschlüssen angedeutet
hatte. Sagt die Größenordnung des beantragten Zimmerholzes etwas über die Größe der
Häuser aus, dann haben wir wieder einen indirekten Hinweis auf die soziale Zuordnung der
Bauherren. So beantragt etwa der Bäcker Hans Ehemann hundert Stumpen Tannen für ein
neues Haus (1602). Andere bauen ihre Häuser mit weniger Holz. Jacob Helle braucht für Haus
und Scheuer 70 Stumpen (1604), Jacob Schwerer 45 Stumpen (1604), Hans Bumiller 30 Stumpen
für ein Haus, das er seinem Sohn neben die Sägemühle bauen möchte. Heinrich Reiter
benötigt für ein Häuslein sogar nur 27 Stumpen und zwei Tannen (1605). Einen weiteren
Hinweis auf die relative Größe der Gebäude erhalten wir aus der Anzahl der Dachplatten. So
bestellt Hans Ehemann für sein Haus 2000 Platten (1603), ebensoviele möchte 1604 um haare
Bezahlung Hans Hewis, 1608 bestellt er sogar 3500 Platten. Dagegen benötigt Hans Deucker
nur 1000 Dachziegel. Wenn man noch erwähnt, daß sich der Wirt Bastian Seitz 1612 ein
gesamtes Lehen mit Haus, Hof, Scheunen und ca. 50 Morgen Land um 2700 fl. erwerben kann,
dann sind uns im wesentlichen wieder die Namen unter den Besitzenden begegnet, die uns
schon unter den wohlhabenden Ehepartnern aufgefallen waren.

Bei der Art der Dachbedeckung müssen wir etwas verweilen, weil an ihr überhaupt schon
sozialer Rang abgelesen werden kann. Die wenigen Besteller von Dachplatten scheinen ohnehin
zu den Privilegierten gezählt zu haben, denn in der Regel, das wird in diesen Protokollen
deutlich, trugen die Junginger Bauernhäuser vor dem 30jährigen Krieg noch Strohdächer. Zwar
schien der Graf in jener Zeit offensichtlich aus Gründen der Brandgefahr darauf zu achten, daß
■wenigstens die neu errichteten Häuser mit Ziegeln gedeckt würden, aber diese Absicht
scheiterte an den verschiedensten Hindernissen. So berufen sich Bauherren auf das Herkommen
; sie wollen es handhaben, wie es bisher war. Hans Aulbers Haus ist mit Stroh gedeckt; er
bittet 1602 auch den neuen Anstoß mit Stroh decken zu dürfen. Oder: Jacob Hennenlotter, dem
das Haus eingefallen war, will es wieder aufrichten und wie zuvor mit Stroh decken, was der
Graf aber nicht gestatten will. Zum Teil verhinderte Armut, daß ein neues Haus Platten erhielt:
Gnediger Herr, Jacob Deuckher, ein armer Tagelehner von Jungingen hat ein Heißlein amDorf
vor außen gepauen, dieweil ers aber mit Platten zu dekhen nit vermegen, inmaßen der Vogt auch
anzeigt, so pittet er undertheniglichen E. H. wellens Ine mit Schaub [Strohbündel] deckhen
lassen (1602). Andererseits konnten Bauherren, die gewillt waren, Dachplatten zu kaufen, keine
bekommen, weil in der Boller Ziegelhütte offensichtlich zeitweilig Produktionsengpässe
auftraten. So will etwa Hans Bosch sein Haus mit Stroh eindecken, da er Platten momentan
nicht haben kann, und der Graf muß es zulassen auf ein Zeitlang bis er blatten bekhommen
khann. Ebenso hat Balthas Dietsch ein neues Haus gebaut, und weil die Herrschaft ihm keine
Ziegel geben kann, möchte er mit Stroh decken (beide Fälle 1607). 1608 wartet Hans Hewis, der
schon das Wohngebäude mit 3500 Platten gedeckt hat, vergeblich auf Ziegel für die neue
Scheune; so bittet er, sie mit Stroh decken zu dürfen, damit er die Frucht einbringen könne. Ein
Antrag der Junginger Kirchenpfleger von 1606 gibt einen kleinen Hinweis darauf, daß die
Bedürfnisse des Grafen selbst bisweilen seinen Anordnungen im Wege standen. Die Pfleger
würden nämlich gerne 400 Ziegel für das Kirchendach kaufen, wenn es die Herrschaft nit selbst
bedurfft. So fragen sie wenigstens wegen der Hohlziegel an, die bei der Mühle in Killer liegen.

So werden die baupolizeilichen Maßnahmen der Herrschaft nur schleppend erfüllt, am
deutlichsten eben, weil die finanziellen Möglichkeiten der Gemeinde und der einzelnen Bürger
zu gering waren. Beim Jahrgericht 1605 war den Jungingern aufgetragen worden, jeder Bürger
solle einen Feyerkibel haben, es seien aber nur 40 Kübel im Dorf. Da aber viele Dorfgenossen
unvermögend sind, solle man es dabei belassen. Der Graf insistiert jedoch:... es wird nach und
nach doch geschehen müssen. Die Feuergefahr leuchtet bei der Bauweise unmittelbar ein. Das
Haus bestand fast ausschließlich aus Tannenholz, das Fachwerk war mit einem Reisgertenge-
flecht ausgefüllt, die Dächer waren in der Mehrzahl mit Stroh gedeckt und auch die Dachkiener

22


Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zhg1984/0024