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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zhg1984/0030
Casimir Bumiller

Eine weitere Kostbarkeit, die von weither besorgt werden mußte, ist das Salz. Es sind
mehrere Junginger, die sich als Salzhändler zu erkennen geben. So will Hans Ehemann, Bäcker,
Wirt und Vogt, 1603 Hafer nach Riedlingen fahren, um dafür Salz lösen zu können. Bastian
Seitz, der spätere Wirt und Vogt, bringt 1604 Getreide zum selben Zweck dorthin. Im selben
Jahr klagt ein Salzhändler aus Seekirch (bei Riedlingen), Balthas Dietsch aus Jungingen sei ihm
die Raten fürs Salz schuldig; man solle ihm doch das Salzführen verbieten. Seekirch scheint
überhaupt ein Umschlagplatz für Salz gewesen zu sein: 1606 sind mehrere Junginger dorthin
Geld schuldig, 1611 auch David Mayer. Hans Hewis will 1610 in Bisingen vier Säcke Hafer
kaufen, damit er wider nach Saltz faren kendt. Deutlich wird in diesen Fällen, daß die
wohlhabenderen Geschäftsleute (die Ehemann, Seitz, Hewis) bei ihrem Salzeinkauf jeweils
Getreidefuhren mitnehmen. Wenigstens in diesen Fällen kann man im eigentlichen Sinn von
Handel, mit der Absicht Gewinn zu erzielen, sprechen. Sie bringen Korn aus der eigenen
Landwirtschaft oder das sie billig erworben haben, in die Stadt, wo sie es teurer verkaufen
können. Für den Erlös kaufen sie kostbares Salz, das ihnen die Junginger Hausfrauen für gutes
Geld abkaufen. So haben sie am ursprünglichen Warenwert gemessen einen hohen Gewinn
erzielt. In dieser Tatsache haben wir vermutlich den Grund für den relativen Reichtum jener
Gruppe von Bürgern zu sehen, die uns von Anfang an als sozial herausragende Personen
begegnet sind. Zu den zuletzt genannten Geschäftsleuten zählt mit Sicherheit noch der Wirt
Martin Gammertinger. 1609 einmal aufs Gericht nach Hechingen zitiert, ist er ungehorsamblich
außenplieben, seinen Geschefften nach ins Bayerland zogen. Er entschuldigt sich damit, daß er
die Geschäfte nicht habe unterlassen können. Was das für Geschäfte waren, läßt das Protokoll
zwar offen, doch der Eintrag ist deutlich genug, um Gammertinger ebenfalls als Handelsmann
zu kennzeichnen.

Diese wenigen Fälle ausgenommen, scheint es im Dorf keinen nennenswerten Reichtum
gegeben zu haben. Im Gegenteil, einige Geschäftsleute befinden sich in Liquiditätsschwierigkeiten
, und die Gemeinde selbst sinkt offenbar nur deshalb nicht in völlige Verschuldung, weil
sie den Wald im Hintergrund hat. Was also zu den begehrten Dingen hinzukommt, ist Geld.
Die Bauern hatten in der Regel nie bares Geld in größeren Mengen. Da mögen wohl
Sparstrümpfe existiert haben, die der Aussteuer der Kinder dienen sollten, aber beim Eheschluß
sind es selten Bargeldbeträge, die aufgeführt werden, sondern was wir finden, sind die in Geld
ausgedrückten Sachwerte. Im Gegensatz zu den Händlern brauchen die Bauern auch selten
bares Geld. Wenn sie es brauchen, sei es, um Salz beim Händler zu kaufen, um ein Haus zu
bauen oder um die Feudalabgaben, die in Geld eingefordert wurden, bezahlen zu können, dann
mußten kurzfristig Naturalien oder Produkte aus Landwirtschaft und Hausindustrie auf dem
Markt zu Geld gemacht werden. Dies war der normale Vorgang, dessen sich auch die Gemeinde
als Körperschaft bediente. Wo aber die Werte, die man anzubieten hatte, nicht aufwogen, was
man haben wollte oder zahlen mußte, trat die Notwendigkeit ein, sich Geld zu leihen. Wo
bekommt man aber Geld her? In der Größenordnung, wie die Gemeinde es brauchte, ist Geld
nur bei reichen Bürgern in Städten oder bei Banken erhältlich. Wenn die Gemeinde 1602
Zinsgeld nach Rottweil entrichten muß, dann hatte sie wohl bei einem dortigen Institut einen
größeren Betrag aufgenommen. Auch in den anderen Jahren ist immer wieder von den Schulden
der Gemeinde die Rede. Welche Banken standen aber den >armen Leuten« zu Verfügung?
Zunächst sind wohl die reicheren Verwandten und Bekannten im Dorf angegangen worden.
Oder man versuchte an eine Erbschaft frühzeitig heranzukommen. Theis Knebel, der heiraten
will, bittet um 17 ü. aus dem Erbe seines Großvaters. Dies stehe zwar zunächst seinem Vater
zu, aber der sei seit Jahren in den Krieg gezogen, und wenn er je wieder käme, wolle er sich mit
ihm schon vergleichen (1604). Michel Hennenlotter und Hans Boll nehmen bei der Junginger
Heiligenpflege 10 fl. auf und hintersetzen dafür Wiesen (1609) und Melchior Dietsch will im
selben Jahr 20 Pfd. bei der Hechinger Siechenpflege aufnehmen. Es waren also die Wirtschaftsfonds
der Kirchen, Spitäler usw., die über genügend Geldmittel verfügten, um den Bauern

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