Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zhg1984/0038
Casimir Bumiller

klagt 1605, Jerg Grössers Weib hätte sie in ihrem Haus überfallen und geschlagen. Conrad Flad
gibt 1612 zu Protokoll, an der Hochzeit seiner Tochter seien des Pfarrers Magd und des
Dietschen Tochter Gespielen gewesen. Beim Heimgang sei es unter ihnen zu Streit gekommen.
Die Pfarrmagd hätte seine Tochter die Stiege hinuntergeworfen und eine Pfaffen Hure
gescholten. Der Hintergrund dieser Geschichte bleibt dunkel.

Unter den Kindern bestand diese Aggressivität ebenfalls. 1602 schlagen sich Jerg Grössers
und Hans Hewißen Buben, beide 13 Jahre alt, bluotrisig und zusammen verprügeln sie einen
dritten, der schon beim Hl. Sakrament gewesen ist. Wo Kinder ihre Aggressionen untereinander
nicht mehr los werden, da waren es schon immer Tiere, die ihre Opfer wurden. So hat 1606
Jacob Fladen Kind ein Lamm des Vogts so geschlagen, daß ers metzgen miesen.

4. Krankheit - Alter - Tod

Aus einem nicht erkennbaren Anlaß hat Hans Lorch 1602 David Mayers Kind ins Feuer
gestoßen. Der Fall belegt nicht nur, daß die Aggressionen Erwachsener vor Kindern nicht Halt
machten, er leitet überhaupt über zum Problem der körperlichen Versehrtheit, zum Umgang
dieser Gesellschaft mit Alter, Krankheit und Gebrechlichkeit. Einen kleinen Einblick werden
wir in diesem Zusammenhang in die Organisation der Altenpflege und in die medizinische
Versorgung erhalten.

Im Fall des gebrannten Kindes gab es einen Vergleich zwischen Hans Lorch und David
Mayer; mit dem Balbierer hat man sich auf einen Artzet Lohn von 10 fl. geeinigt. Barbier
(Wundarzt) war wohl der an anderer Stelle namentlich genannte Theis Alberer aus Hechingen
(1604, 1608). Die Tatsache, daß jeweils nur er im Zusammenhang mit Krankheit auftritt, dürfte
ausschließen, daß etwa der Junginger Bader mit medizinischen Aufgaben betraut war. Der
Hechinger Barbier war wohl auch gerufen worden, als der Sägemüller Hans Bumiller 1601/02
längere Zeit krank war. Schon Ende des Jahres 1601 berichtet er der Herrschaft, daß er schon
seit 20 Wochen wegen Krankheit nichts verdienen könne und bittet um Aufschub seiner
Zinsleistungen. Leider gibt es keine Andeutung, welche Art Erkrankung wir uns vorstellen
müssen, nur daß überhaupt ein Arzt hinzugezogen wurde, weist auf ihre Hartnäckigkeit hin.
Als der Säger 1602 schließlich von schwerer Krankheit erstanden, gibt ihm die Gemeinde eine
Tanne zu Brettern, um die Arztrechnung des Barbiers begleichen zu können.

Krankheit stellt eine empfindliche Einbuße an wirtschaftlicher Leistungskraft dar - dies
zeigt der Fall des Sägers -, und weil dies so ist, werden Alter, Gebrechlichkeit und (Geistes-)
Krankheit unter dem Blickwinkel der Verwertbarkeit im Arbeitsleben und nicht etwa unter
dem caritativer Zuwendung betrachtet. Diese Sicht entspricht einer Gesellschaft, in der der
Umgang mit Menschen grob aber offen ist und in der um die Dinge nicht herumgeredet wird.
Der schon öfter erwähnte Hans Hewis wendet sich 1604 an die Herrschaft, er habe in
Mössingen einen Bruder, der zwar mannbar, doch taub und nit bey rechtem Verstandt seye.
Dem seien 400 fl. als Erbe zugefallen, er wolle ihn zu sich nach Jungingen holen. Der Graf
scheint diesem Ansinnen nicht stattgegeben zu haben, denn 1611 - im Jahr seiner zweiten
Verehelichung - findet sich im Protokoll ein erneuter Vorstoß. Hans Hewis berichtet wieder
von seinem Bruder in Mössingen, welcher nit bey Verstand sondern ein Thor sey und für dessen
Erbe er sich interessiert. Es ist noch immer der stattliche Betrag von 350 fl. übrig.

Ein beeindruckendes Protokoll wurde 1604 niedergeschrieben. Hans Dierhaimer bittet um
Heiratskonsens, die Catharina Beckin aus Bisingen zu ehelichen. Seine Mutter sei über Jahr und
Tag krank und auch ihn hätte Gott der Vatter heimgesucht, er sei auf einer Seite lahm und könne
weder reden, sehen noch gehen. Die Frau sei bereit, ihn zu pflegen. Dies ist ein Beispiel eines
harten Frauenlebens: Catharina hatte ihren schwerbehinderten Mann und vermutlich noch die
kranke Schwiegermutter zu pflegen, bewirtschaftete den Hof und versorgte die Familie, die im
Laufe der Jahre um fünf Kinder anwuchs. 1611 starb der pflegebedürftige Mann und Catharina

36


Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zhg1984/0038