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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zhg1984/0115
Die Juden in Hechingen als religiöse Gemeinde

Nach einer für das ganze Reich geltenden Polizeiverordnung müssen alle über sechs
Jahre alten Juden vom 16. September an den gelben Judenstern mit der Aufschrift
»Jude« deutlich sichtbar in Herzhöhe an der Kleidung aufgenäht tragen. Elf jüdische
Einwohner werden am 27. November in das Reichskommissariat Ostland abgeschoben
(Deportation nach Riga). Eine Frau begeht unmittelbar vor der Deportation
Selbstmord.

1942 Am 24. April werden zwei jüdische Einwohner nach Izbica, am 22. August zwei
jüdische Einwohner nach Theresienstadt deportiert.

Am 7. September wird der am 4. Juli ins Konzentrationslager Mauthausen/Linz
eingelieferte Landgerichtsrat i. R. Dr. Moritz Mayer um 8.15 Uhr »auf der Flucht
erschossen«.

Viele hier ansässige jüdische Bürger wandern während der Verfolgungszeit aus, einige
sterben an ihrem Wohnort. Keiner der von Hechingen Deportierten überlebt die
Vernichtungslager. Lediglich eine mit einem Christen verheiratete Frau mit ihren für
jüdisch erklärten vier Kindern bleibt von der Zwangsverschleppung und Ermordung
verschont. Zwei ihrer Kinder sind allerdings gezwungen, in die Schweiz zu fliehen.
Die israelitische Religionsgemeinde erlischt mit der Deportation ihrer Mitglieder.
1982 In Hechingen leben noch zwei Personen mit israelitischem Religionsbekenntnis.

VI. DIE HECHINGER JUDEN

Auf dem linken Hochufer der Starzel erbauten die Grafen von Zollern eine Burg. Nach dem
planmäßigen Ausbau der Burgsiedlung zur Stadt in der ersten Hälfte des 13. Jahrhunderts9 bot
sie sich den Juden zur Niederlassung als geduldete Schutzjuden an. Diese mußten dafür
allerdings dem jeweiligen Zollergrafen, ab 1623 den Zollerfürsten, ein Schirmgeld zahlen. Von
den Zünften ausgeschlossen und vom Verbot betroffen, Grundbesitz zu erwerben, waren sie
auf den Handel angewiesen10.

In der Grafschaft Zollern tauchen Juden zu einer Zeit auf, in der sie aus den Reichsstädten
und aus verschiedenen Territorien ausgewiesen wurden. Das Anwachsen der hiesigen israelitischen
Bevölkerung hängt wohl hauptsächlich mit den Vertreibungen aus den Reichsstädten und
benachbarten Staaten, vor allem Württemberg, zusammen. Hechingen scheint, ähnlich wie
andere kleine Herrschaften, als Auffangbecken für ausgewiesene Juden fungiert zu haben".

Rabbiner Dr. Mayer schreibt hierzu: »Besonders günstig war die Spaltung des Reiches in
viele große und kleine Staaten; denn wenn sie [die Israeliten] von dem Regenten eines andern
europäischen Staates verwiesen wurden, so mußten sie das ganze Land meiden, hingegen wenn
sie in einem deutschen Staate nicht mehr geduldet wurden, so fanden sie bei Reichsfürsten und
Ständen,... oft in der nächsten Umgebung wieder eine Aufnahme in den Schutzverband. Diese
Ansicht wird ganz besonders durch die Geschichte der Israeliten in dieser Gegend bestätigt, wo
in einem nicht sehr umfangreichen Flächenraume die Herzöge von Württemberg, die Fürsten
von Hohenzollern-Hechingen und Sigmaringen, die Grafen von Rexingen, Baisingen und
Nordstetten, die Barone von Mühringen und Buttenhausen, der Magistrat in Buchau am
Federsee, und die geistlichen Herren von Dettensee, reichsunmittelbar regierten, und mehr

9 Vgl. Handbuch der historischen Stätten Deutschlands, 6. Band: Baden-Württemberg. Stuttgart 1965,
S. 250.

10 Vgl. Fassbender, Die Judengemeinden des Kreises Hechingen. 1946, S. 3. Maschinenschriftliches
Manuskript. Lagerort: HHBH, R. 19. 12.

11 Vgl. den Rundfunkvortrag »Die Juden in Hechingen« vom 13. 3. 1982, 15.40 Uhr im Südfunk
Stuttgart 2 von Maren Kuhn-Rehfus.

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