Freiburger historische Bestände - digital

Manuel Werner

herrschaftlichen Taxen und anderen Abgaben unterliegen, ungesäumte anzeige bei der
Justizkanzley zu machen.

11. Liegt es auch dem amt der Vorsteher ob, für witwen und waisen bestens zu sorgen, wie auch
das wohl der ganzen gemeinde nie außer acht zu lassen.

12. Machen dringende Zahlungen eine geldt-aufnahme auf die ganze Gemeinde nöthig, so
haben die Vorsteher allererst umständlichen Bericht hierüber bey herrschaftlicher Kanzley
zu erstatten.

13. Vorsteher und Deputirte haben den unter Art. 8 vorgeschriebenen Steuerfuß alle 4 Jahre
wegen vielfältig eintrettenden Veränderungen zu revidiren, sodann über die zu treffende
Abänderung bey herrschaftlicher Kanzley ausführliche Anzeige zu machen.

14. Zu gleicher Zeit sollen die Rechnungen von nächst verflossenen 4 Jahren über alle Einnahm
und Ausgab der hochfürstlichen Regierung zur Einsicht in originali vorgelegt werden.

15. Daß zu entrichtung der zur Colleket(ations)Caß für Befreyung von der MilitärConscription
jährlich zu zahlenden 1000 f. und zur Friedenszeit 500 f. allererst ein jeder Jude von 18 bis
30 Jahre ledig oder verhairathet, 5 f. oder 2 f. 30 [kr.] contribuirt, ist ganz zweckmäßig; so
auch die Auflag, daß eine jede Haushaltung für jedes U Flaisch das jene genüßt einen halben
Kreuzer zu erlegen haben.

16. Zu all dessen genauer Befolgung versiebet man sich zu der Pünktlichkeit der Vorsteher -
Rabiner und Deputirten; in hier nicht bemerkten Fällen aber hat es noch bey den bisherigen
Satzungen und Gebräuchen sein Bewenden52.

Hauptaufgaben des Judenschultheißen waren demnach, fremde Juden von der Stadt
fernzuhalten bzw. die Regierung von deren Anwesenheit zu informieren, Vorschläge über die
Verteilung der jüdischen Familien auf die Stadt und auf die Friedrichstraße zu machen sowie die
Judengemeinde einzuberufen und herrschaftliche wie gemeindliche Verordnungen bekanntzugeben
. Weiterhin überwachte er die Synagogenordnung, die Schule, die übrige Erziehung der
Jugend sowie die Einhaltung von Zucht und religiösen Sitten. Ferner oblag ihm die Kontrolle
von Finanzverwaltung, Erbteilungen, Waisengeldern und Vormundschaften53.

Am 24. April 1811 ernannte der Fürst zwei Vorsteher: Isaac Emanuel Levi und Aaron
Liebmann54. Am 15. Januar 1906 starb ein Erster Vorsteher der israelitischen Gemeinde,
Fabrikant Julius Levi, der Begründer der Frauenarbeitsschule55.

Deputation und Ausschuß

Außer den Vorstehern bestand als Vertretung der Gemeinde eine sogenannte Deputation
und ein Ausschuß. Beide Gremien wurden von der Judenschaft durch Stimmzettel gewählt und
von der Regierung »aus der Zahl derer bestätigt, welche die meisten Stimmen erhielten«56. Vom
Jahre 1807 datiert ein Schreiben der Regierung an die Juden Vorsteher in Hechingen und auf der
Friedrichstraße, in dem ihnen einige Schutzjuden zur Aushilfe zugewiesen wurden. Aus dieser
Aushilfe dürften wohl die Institutionen Deputation und Ausschuß entstanden sein:

An die Judenvorsteher dahier und auf der Friedrichstraße

Nachdem bei hochfürstlicher Regierung der von sämtlich hier anwesenden Schutzjuden
unterschriebene Aufsatz vorgelegt worden ist, vermöge dessen zu Aushülfe der Vorsteher bei den

52 Lagerort: StAS Ho 6 Nr. 268.

53 Vgl. Maren Kuhn-Rehfus, Die Juden in Hechingen. Rundfunkvortrag vom 13. 3. 1982, 15.40 Uhr,
Süddeutscher Rundfunk Stuttgart 2.

54 Vgl. Hochfürstlich Hohenzoilerisches Audienzprotokoll vom 11. Juni 1811, Extractus, S. 12. Lagerort
: StAS Ho 6 A 407.

55 Vgl. ChH II, S. 337.

56 Vgl. C, S. 213.

120