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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zhg1984/0133
Die Juden in Hechingen als religiöse Gemeinde

Fürsten, der sehr wohlthätig und ein Gönner der Israeliten wurde, so daß er z.B. an jedem
Versöhnungstage die Synagoge besuchte. Auf ihren Antrag wurde auch die Errichtung eines
Bretterzauns um den Gottesacker gestattet«117.

Madame Kaulla stellte eigens für sich einen Hof-Rabbiner an. »Sie erbaute sich an seinen
religiösen Belehrungen und ließ ihre Kinder von ihm unterrichten. Auch oblag ihm in ihrem
Hause die Aufsicht über das Kaschrus, d.h. er hatte genau darauf zu achten, daß die
Zubereitung aller Speisen nach dem vorgeschriebenen rituellen Gesetz erfolgte. Auch auf ihren
vielen anstrengenden Reisen war ihr Rabbiner und ihr Schächter ihre steten Begleiter, denn
diese tatkräftige willensstarke Frau mit dem weiten Blick für kaufmännische Erwerbsmöglichkeiten
war zugleich eine strenggläubige Jüdin, die auch nicht um ein Jota von der Tradition des
Judentums abwich«118.

»Nach ihr benannte sich die ganze Familie. Ihr Bruder und Schwiegersohn Jakob Kaulla war
ein frommer, mit Lob bekannter Menschenfreund. Er erhielt von verschiedenen Seiten schöne
Beweise der Anerkennung und Auszeichnung«119. »Durch die Güte seines Herzens und durch
seinen Einfluß auf den Fürsten Hermann Friedrich Otto (1798-1810), Neffen seines Vorgängers
, hatte er das Wohl der Gemeinde befördert. Auf sein Gesuch wurde gestattet, eine hohe,
starke Mauer um den Gottesacker errichten zu lassen, da die Zaunbretter stets entwendet
worden sind. ... Auch wurde das Hochgericht aus der Nähe des Gottesacker entfernt, ... Die
Israeliten wurden von der Pflicht, persönliche Militärdienste zu leisten, durch eine jährlich zu
entrichtende Summe entbunden, was eine unendliche Freude in der Gemeinde bewirkt hatte.
... Unterm 1. Januar 1800 wurde auch der vierte Schutzbrief auf die Dauer von 40 Jahren
>gegen eine angemessene Remuneration an die Hofkammer< dekretirt. Er ist in einem für jene
Zeit milden Sinne abgefaßt«120.

Frau Kaullas Mann, Kiewa Auerbach, »wie das in damaliger Zeit ebenfalls keine Seltenheit
war, trieb Thorastudien und lebte als Talmudist in stiller häuslicher Zurückgezogenheit,
während die Frau, deren Vorname Keila, in Kaulla verwandelt, später der Familienname des
ganzen Geschlechts wurde, im Mittelpunkt des geschäftlichen Lebens stand«121.

Jakob Kaulla, ein Hofjude des Hechinger Fürsten, wurde am 5. August 1801 vom Kaiser »in
Betracht seiner den Armen geleisteten Dienste zum k. k. österr. Rath ernannt«122.

»Nach beendigtem Krieg wünschte auch der österr. Kaiser die Rätin Kaulla durch besondere
Auszeichnungen seiner Huld zu versichern. Er ließ bei ihr anfragen, was sie vorziehe, ein
Geschenk, oder ob sie lieber in den erblichen Adelsstand erhoben werden möchte. Darauf ließ
die, bei ihrer Größe dennoch so bescheiden gebliebene Frau Rätin, dem Kaiser erwidern: Wenn
ich für mich und meine Nachkommen den Adel erhalte, so könnten diese, Gott behüte, aus
Hochmut von dem Gotte ihrer Väter abfallen. Das will ich verhindern, und da kaiserliche
Majestät mir die Wahl läßt, so ziehe ich ein Geschenk vor«123.

117 M, Sp. 507.

118 Beiträge zur Geschichte der Juden in Württemberg: Madame Kaulla. Nach handschriftlichen
Mitteilungen des Laupheimer Lehrers Elsaßer. In: Gemeindezeitung für die israelitischen Gemeinden
Württembergs, Nr. 19. Stuttgart 1. Januar 1926, S.521. Lagerort: HHBH Ub 15.

119 M, Sp. 507. - Siehe auch Kap. IX. Das Kultuspersonal unter 1. Rabbiner (Verleihung der
Rabbiwürde).

120 M, Sp. 507 f.

121 Beiträge zur Geschichte der Juden in Württemberg: Madame Kaulla. Nach handschriftlichen
Mitteilungen des Laupheimer Lehrers Elsaßer. In: Gemeindezeitung für die israelitischen Gemeinden
Württembergs, Nr. 19. Stuttgart 1. Januar 1926, S. 521. Lageron HHBH Ub 15.

122 M, Sp. 507, Anm. 7.

123 Beiträge zur Geschichte der Juden in Württemberg: Madame Kaulla. Nach handschriftlichen
Mitteilungen des Laupheimer Lehrers Elsaßer. In: Gemeindezeitung für die israelitischen Gemeinden
Württembergs, Nr. 19. Stuttgart 1. Januar 1926, S. 522. Lagerort: HHBH Ub 15.

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