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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zhg1984/0135
Die Juden in Hechingen als religiöse Gemeinde

Familienstiftung wurde in der früheren Münzstätte errichtet. Aus nah und fern kamen jüdische
Jünglinge, um sich im Talmud, der Zusammenfassung der gesamten jüdischen Tradition,
unterweisen zu lassen. In der Blütezeit dieser Talmudschule unterrichteten an ihr drei
Rabbiner, und als Rektor fungierte der Gemeinderabbiner126.

Im Jahre 1809 starb Madame Kauila, die Chefin des Hauses, in Hechingen. Ihr prachtvoller
Grabstein auf dem israelitischen Friedhof in Hechingen trägt auf hebräisch die Inschrift: Hier
ruht ein Weib, das groß in ihrem Volk, groß in ihrem Vaterland gewesen127. Rabbiner
Dr. Mayer merkt dazu an: »Die angeblich von I. K. Ben-Seeb verfaßten Inschriften auf den aus
Marmor errichteten Grabsteinen sind etwas zu künstlich und überladen, wie gewöhnlich die
hebräischen Grabschriften zu schwülstig sind«128.

Am 1. Mai 1810 starb ebenfalls in Hechingen der Königliche und Kaiserliche Rat Jakob
Raphael Kaulla. Er wurde neben seiner Schwester auf dem israelitischen Friedhof in Hechingen
begraben.

Die Familie Kaulla besaß in der Schloßstraße zwei stattliche Häuserzeilen, denn sie war
durch Uberlandhandel und Heereslieferungen zu ungeheurem Reichtum gekommen129.
»Schon früher waren mehrere Mitglieder der Familie nach Hanau, München, Augsburg und
Stuttgart ausgewandert [;] jetzt zogen allmählich auch die zurückgebliebenen Verwandten nach
Stuttgart« 13°.

Über die Entstehung seines zweibändigen Romans »Gräfin Dolores« schrieb der Dichter
Achim von Arnim seinem Freund Jakob Brentano: »Nein, Du irrst Dich in der Annahme, ich
hätte den Stoff auf meiner Italienreise gefunden. Das ist eine Posse, wozu mir Hechingen
Veranlassung gab, wo das jüdische Handelshaus Kaulla sich in ungeheurem Reichtum erhob,
während das Fürstenhaus Hohenzollern verarmte«131.

VII. ÖFFENTLICHE EINRICHTUNGEN DER (RELIGIÖSEN) JUDENGEMEINDE

1. Synagogen
Geschichte

Die Institution der Synagoge (und damit auch des Lehrhauses) geht - zumindest ansatzweise
- bis auf das babylonische Exil im 6. Jahrhundert vor Christus zurück, obwohl Synagogen erst
seit dem 3. Jahrhundert vor Christus historisch belegt sind132. Fern vom zerstörten Tempel
entstanden sie als Versammlungsstätten. Der synagogale Gottesdienst ist der älteste ausschließliche
Gebetsgottesdienst ohne Priester, ohne Opfer und ohne sakramentale Handlungen. Nach
dem Ende des Exils und neben dem wieder erstehenden Tempel in Jerusalem wurde solcher
Wortgottesdienst durch die Heimkehrer weiter gepflegt133. Vor allem für die jüdische
Gemeinde in der Zerstreuung wurden diese Versammlungsstätten immer wichtiger. Wo immer
Juden wohnten, versammelten sie sich als Gemeinde des Wortes; der Wortgottesdienst stand
neben dem Opferdienst der Priester und während der tempellosen Zeiten an seiner Stelle. Die
schlichte Synagoge mit ihrem Bibelrollenschrein, dem Leuchter und den zwei Pulten für den

126 Vgl. ChH III, S. 200f.

127 Ebd. S. 204ff.

128 M, Sp. 508, Anm. 8.

129 Vgl. ChH III, S. 205.

130 M, Sp. 508.

131 Vgl. ChH III, S. 205.

132 Vgl. Kurt Schubert, Die Kultur der Juden im Altertum. Wiesbaden 1980, S. 121.

133 Vgl. F, S. 52.

133


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