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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zhg1984/0160
Manuel Werner

machen, und daß wasser ab[zu]führen250. Die Erben des Hofjuden Raphael besaßen also bereits
1770 vermutlich ein eigenes Badhaus in der sogenannten Münz.

Vermutlich existierte während der Zeit, in der das Lehrhaus unterhalten wurde (1803-1850),
neben einer Privatsynagoge (Stiftssynagoge) auch noch ein eigenes Badhaus für die Angehörigen
der Familie Kauila.

Rabbiner Dr. Samuel Mayer ersuchte am 21. April 1844 den damaligen Verwalter der
Stiftung, Hofagenten Salomon Jakob Kaulla, den unteren Stock des Lehrhauses der israelitischen
Gemeinde zur Einrichtung eines Frauenbades zu überlassen. Die Antwort vom 23. April
1844 lautete: »In höflicher Antwort Ihres geehrten Schreibens vom 21. ds. Mts., bemerke ich
Ihnen in Betreff der Überlassung des unteren Teils des Beth=hamidrasch zu einem Frauenbade
für die dortige Gemeinde, daß ich in dieser Angelegenheit nicht aus eigener Macht handeln
kann. Das Beth=hamidrasch ist Eigentum sämtlicher Familien=Mitglieder und nicht allein
solcher, die hier ansäßig sind; bei dem besten Willen meinerseits dürfte doch so was nicht von
mir ohne Genehmigung sämtlicher Beteiligten zugestanden werden, und dazu eine Genehmigung
einzuholen, ist wenigstens für jetzt wohl nicht ausführbar, .. ,«251.

Wegen dieser Stiftung wurde beim Königlichen Stadtgericht in Stuttgart gegen S. J. Kaulla
ein Rechtsstreit angestrengt. Nach einem Vergleichsentwurf von 1846 sollte »namentlich sofort
ein Frauenbad im untern Stockwerk eingerichtet werden«252. In dem Vergleich, der schließlich
am 3. Juli 1851 zustande kam, verzichtete die israelitische Stiftungskommission auf alle
Ansprüche hinsichtlich der Stiftung.

4. Judenfriedhof
Allgemeines

Auf einem jüdischen Friedhof dominieren Einzelgräber. Aus dem Orient stammt der
Brauch liegender Grabsteine. Hoch aufragende Bäume spenden Schatten. Fast ausschließlich
sind Koniferen zu sehen. Ebenso wie der rankende Efeu gelten diese immergrünen Pflanzen als
Sinnbild der Unsterblichkeit253. Bei treuer Beachtung des jüdischen Brauches wird keinerlei
Blumenschmuck verwendet. Betont schmucklose Ausstattung ist kennzeichnend; seit altersher
wird im jüdischen Brauchtum Schlichtheit angestrebt. »Gerade wenn man einen alten Friedhof
besucht, auf dem vieles verwittert ist, die Gräber in unregelmäßigen Reihen liegen, hat man
ganz den Eindruck, als schreite die Majestät des Todes dort ganz sichtbar über den Ort. Mit
vernehmlichen Schritten. So als habe der Todesengel seine Schätze dort, wo er hintraf, schon
geborgen: hier einen und dort einen«254. Wegen der traditionellen Vorstellung von der
Auferstehung (Leben nach dem Tod) wird Erdbestattung gefordert und die Verbrennung eines
Leichnams abgelehnt, ja verabscheut; auch wird die Auflösung eines Friedhofs deswegen
abgelehnt. »Mutter Erde« nimmt »die Materie... in ihrem Schoß« auf, »die einst einen
Menschen beherbergte, der in unserer Mitte weilte«. »Der Tote wird der Erde zurückgegeben«.
»Dort wartet der Tote auf den Tag des Jüngsten Gerichts«255. »Die Ruhe eines Toten zu stören,
ist dem jüdischen Gefühl ein unerträglicher Gedanke, eine Vorstellung, die den Lebenden
erschauern läßt«256. Seit dem Mittelalter benützte man entweder gar keinen oder einen
schlichten Brettersarg (Aron). Verbreitet ist der Diasporabrauch, dem Toten etwas Erde aus

250 Stadtgerichtsprotokolle 1766-1778, Folio A 13. Lagerort: SAH.

251 Leo Adler, Die Geschichte des Beth-hamidrasch in Hechingen. 1910. Lagerort: CAHJP, Inv.
Nr. 1014/4.

252 Ebd.

253 Vgl. Herder-Lexikon Symbole. Freiburg 1978, S. 39 uns 187.

254 JRS, S. 279.

255 JRS, S. 281 und 300.

256 JRS, S. 300.

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