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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zhg1984/0193
Die Juden in Hechingen als religiöse Gemeinde

Nr. 6: Ein Toraschild und zwei Aufsätze für die Stangen der Torarollen (Schild und Aufsätze

sind neuen Datums, gestiftet von der Familie Baruch;...
Nr. 7: Toraschild und Zeiger (echte Originale aus der Rokokozeit); zwei neue Aufsätze (vom
israelitischen Frauenverein gestiftet).

Damit sind von allen im Notizblatt angeführten Schilden wenigstens noch Fotos vorhanden.

In aschkenasischen Gemeinden entstand der Brauch, die Tora mit einem Schild (Tas) an der
Vorderseite des Stoffmantels zu schmücken. Aus diesem praktischen Brauch entwickelte sich
dann allmählich das ornamentierte Schild. Tora-Schilde gibt es seit Anfang des 17. Jahrhunderts416
. Die verzierte Metallplatte symbolisiert das Brustschild des Hohepriesters417. Da sich
gewöhnlich mehrere Tora-Rollen in dem Tora-Schrein befanden, und weil an Feiertagen aus
verschiedenen gelesen wurde, brachte man im späten Mittelalter an jeder Tora-Rolle Schilder
an, welche die Feier- und Festtage anzeigten, an denen die Tora-Rolle jeweils verwendet wurde
(Neujahr, Pesachfest, usw.). Manchmal waren die Toraschilde so gestaltet, daß die Inschrift-
plättchen mit dem in hebräischen Schriftzeichen ausgeführten Namen des jeweiligen Festes oder
Feiertages ausgewechselt werden konnten. Die wohl schönsten Tora-Schilde wurden im
18. Jahrhundert in Deutschland von christlichen Goldschmieden für israelitische Auftraggeber
hergestellt. Ihre Form war zunächst rechteckig, im späteren Verlauf des 18. Jahrhunderts kam
es dann bei rechteckigen Schilden zu Varianten wie abgerundeten Ecken oder Seiten.

Allen Hechinger Schilden ist gemeinsam, daß sie annähernd bilateral-symmetrisch aufgebaut
sind, also durch eine gedachte vertikale Achse in zwei spiegelbildliche Hälften zerlegt
werden können.

Um den königlichen Charakter der Tora noch mehr zu betonen und um zu vermeiden, daß
der jeweilige Leser den geweihten Text mit der Hand berührt, wurden vom 16. Jahrhundert an
besondere Zeiger (Jad) angefertigt. Diese Zeiger wurden aus Holz, Elfenbein oder Edelmetall
(oft Silber) hergestellt und nahmen eine Vielzahl von Formen an. Sehr beliebt waren in Europa
Zeiger, die in Form einer menschlichen Hand mit ausgestrecktem Zeigefinger endeten und oft
mit Halbedelsteinen geschmückt waren.

Die Rollstäbe, in der Einzahl Ez Chajjim (wörtlich: Baum des Lebens) genannt - ein
Ausdruck, der auch bildlich für die ganze Tora verwendet wird - sind häufig mit Edelmetallornamenten
verziert. Gewöhnlich wird dieser Schmuck Rimmonim (wörtlich: Granatapfel)
genannt. Während des frühen Mittelalters waren die Toraverzierungen höchstwahrscheinlich
nicht abnehmbar und bildeten einen festen Teil der Stäbe. Im Laufe der Zeit aber wurde dieser
verzierte Toraschmuck abnehmbar und noch viel kunstvoller hergestellt.

Gleichzeitig zu diesen doppelt ausgeführten Rimmonim wurden im Mittelalter Kronen
entwickelt, die auf beide Rollstäbe zugleich gesetzt wurden. Tora-Kronen (Kätär Torah) sind in
Einzahl ausgeführte mächtige Bekrönungen, während Rimmonim in Zweizahl ausgeführt sind
und auf je einen Rollstab gesteckt werden (pro Tora-Rolle gibt es also dann zwei Verzierungen,
für jeden einzelnen Stab eine). Auf diesen Rimmonim können allerdings auch Tora-Kronen
dargestellt sein. In Hechingen gab es nur die paarweise vorkommenden Rimmonim.

Links (Abb. 27): Der vermutlich älteste Brustschild der israelitischen Gemeinde Hechingen
mit Tora-Krone, zwei Säulen, auf denen zwei heraldische Löwen postiert sind, und weiteren
traditionellen Motiven wie siebenarmiger Leuchter und Bundestafeln. Unter den beiden
steinernen Tafeln des Bundes ist ein Inschriftenplättchen mit hebräischen Schriftzeichen zu
erkennen. Am Schild hängen drei längliche Glöckchen. Die Aufhängung erfolgt durch drei
Kettchen. Vermutlich nicht mehr erhalten.

Mitte (Abb. 27): Brustschild aus dem Jahre 1680. Erhalten.

416 Vgl. Gutmann, Jüdische Zeremonialkunst. Frankfurt am Main 1963, S. 19.

417 Vgl. F, S. 55.

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