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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zhg1984/0228
Neues Schrifttum

Die Chroniken der Stadt Pfullendorf. Hrsg. und bearb. von Josef Groner. Pfullendorf: Ernst Schmidt 1982.
XXXV, 824 S., 70 Abb.

Drei Chronisten sind es, deren Aufzeichnungen Josef Groner, selbst aus Pfullendorf stammend und
schon früher mit Publikationen zur Geschichte seiner Heimatstadt (u. a. Pfullendorf. Königlich-staufische
Stadt, 1971; St. Jakob Pfullendorf, 1976) hervorgetreten, entdeckt und im Druck zugänglich gemacht hat:
der Kaplan Franz Andreas Rogg (1712-1777), der Leinenweber Johann Georg Heilig (1770-1850), dessen
Sohn Konrad 1849 als revolutionärer Kommandant der Festung Rastatt historische Bedeutung erlangt hat,
und Leopold Schmitt, Stadtpfarrer in Pfullendorf von 1926 bis 1949.

Daß ein Bildnis Roggs den Schutzumschlag des wertvoll ausgestatteten Buches ziert, entspricht dem
Anteil des Kaplans an den »Chroniken«; nimmt doch seine »Locus triumphalis« überschriebene »allgemeine
Geschichte Pfullendorfs«, deren Bogen sich von der sagenhaften Gründung der Stadt durch Julius
Caesar bis in die Gegenwart ihres Verfassers spannt, von den 779 Seiten des Editionswerks 629 ein. Eine
umfangreiche Chronik also, allerdings auch eine, die ein einheitliches Gliederungsprinzip vermissen läßt.
Denn auf eine Reihung von längsschnittartigen sachthematischen Kapiteln (etwa über die Grafen von
Pfullendorf, die königlichen und kaiserlichen Privilegien der Stadt, ihren Gerichtsbereich, ihre Herrschaftshöfe
und - besonders ausführlich - über das religiöse Leben in und um Pfullendorf) folgt als ein in sich
geschlossener gleichgewichtiger zweiter Teil eine annalistisch gehaltene Rekonstruktion der Begebenheiten
in der Stadt während des Dreißigjährigen Krieges. Diesen Abschnitt hat Rogg in Anlehnung an
Ratsprotokolle verfaßt; auch sonst wurden von dem Kaplan, der dem Stadt- und dem Spitalsarchiv zu
Pfullendorf eine Ordnung gab, neben zahlreichen - oft mit ihrem Titel zitierten - Geschichtswerken
archivalische Quellen herangezogen (eine detaillierte Untersuchung hierzu könnte sich lohnen).

Nicht auf Quellenstudium, sondern auf eigenem Erleben basieren die jahrbuchartigen Aufzeichnungen
Heiligs, welcher zwei Chroniken der Nachwelt hinterlassen hat. Die frühere entstand während der Jahre
1796 bis 1808, in denen Pfullendorf von den Koalitionskriegen gegen Frankreich betroffen war und die den
(von Heilig, aber auch von Groner bedauerten) Anschluß an Baden mit dem Untergang der reichsstädtischen
Freiheit brachten. Die späteren Notizen decken den Zeitraum von 1834 bis 1847 ab und sind
weitgehend auf Ereignisse in der Familie des Verfassers sowie auf Ernte- und Wetterberichte beschränkt;
wohl zu Recht hat Groner hier eine Textauswahl getroffen und die auf 25 Blatt Folio erhaltenen Annalen auf
ganze 6 Seiten im Druck reduziert - auf alles, »was von alledem irgendwie auch heute noch interessant zu
sein scheint und... sich auf die damalige Stadtgeschichte bezieht« (S. XVII).

Gekürzt ist auch die Pfarrchronik Schmitts für die Jahre 1926 bis 1949 wiedergegeben. Weggelassen sind
alle »Angaben über das rein religiöse Leben und innere Vorgänge der Pfarrei« (S. XIX), leider, denn
wahrscheinlich hätten auch diese Passagen ihre Interessenten gefunden. Die abgedruckten Aufzeichnungen
jedenfalls geben wertvolle Einblicke in das Pfullendorf der Weimarer Zeit, des Dritten Reiches und der
Nachkriegsjahre.

Bei allen Texten, dies wurde deutlich, handelt es sich um editionswürdige historische Quellen, aus
denen nicht nur der Lokalhistoriker Erkenntnisse gewinnen kann. Groner hat für eine Vielzahl von
geschichtlichen Fragestellungen Material bereitgestellt; besonders ergiebig ist der Dokumentationswert für
den vergangenen Alltag. Daß die Chroniken, wie ihr Herausgeber fast entschuldigend feststellt (S. 781), zu
einem guten Teil über Kriegs- und Krisenzeiten berichten, wird die Forschung sicher nicht abschrecken und
manchen Leser vielleicht sogar gerade anziehen.

Bei der Wiedergabe der Aufzeichnungen stand für den Editor die Absicht im Vordergrund, sie für ein
breiteres Publikum lesbar und verständlich zu machen. Hierfür hat er drei Mittel eingesetzt: die
Übersetzung, den Eingriff in den überlieferten Wortlaut und die Sachanmerkung.

Eine Übersetzung in das heutige Deutsch hat Groner nur für die älteste Schrift, die Chronik Roggs,
angefertigt (damit freilich für den größten Teil der Gesamtedition). Die Mühe, die er sich mit der durchweg
den Sachverhalt treffenden Umsetzung (von Kleinigkeiten wie der Wiedergabe von Folio durch Seite
abgesehen) gemacht hat, wird ihm ein Leser, der nicht im Lesen von Texten des 18. Jahrhunderts geübt ist,
danken. Trotzdem ist grundsätzlich zu fragen, ob der Aufwand einer vollständigen Übersetzung notwendig
war. Der wirklich Interessierte wird sich auch ohne Vorkenntnisse relativ leicht in die Sprache Roggs
einlesen. Und an vielen Stellen unterscheidet sich ja die Übersetzung kaum vom Übersetzten! Dies liegt
nicht zuletzt daran, daß es Groners Ziel war, das Kolorit der Roggschen Sprache durchschimmern zu lassen
(vgl. S. XII). Welche Probleme ein solches Vorhaben mit sich bringt, läßt sich hier beispielhaft
nachvollziehen.

Bei allen Texten wurde mit Eingriffen in die überlieferte Version nicht gespart, auch nicht bei den
Aufzeichnungen Roggs, obwohl ihre Übersetzung doch parallelgedruckt ist. Der Gebrauch von s, ss und ß,

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