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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zhg1985/0043
OTTO WERNER

Eine katholisch-jüdische Ehe in Hechingen
im 16. Jahrhundert

Vermögensauseinandersetzungen zwischen Karle Schweickhart von Hechingen
und der Jüdin Henlin 1566

Wenn ein Christ in der Mitte des 16. Jahrhunderts eine Jüdin nach jüdischem Recht zu seiner
Frau nahm, so war das sicher ein ungewöhnlicher Vorgang. Dies aber geschah in Hechingen.
Von einer solchen Verbindung erfahren wir aus einem Vertragsbrief zwischen dem Hechinger
Bürger Karle Schweickhart und der Jüdin Henlin aus dem Jahr 15661.

Es mag die große Liebe gewesen sein, die ihn zu einem solchen Schritt bewog, vielleicht aber
spielte die nicht geringe Mitgift auch eine gewisse Rolle, die den Witwer veranlaßte, das
unbescholtene jüdische Mädchen Henlin zu heiraten. Fünfhundert Gulden Heiratsgut brachte
sie mit in die Ehe. Aber auch der Simeringer2 von Hechingen muß vermögend gewesen sein,
denn nach jüdischem Brauch hatte er ihr 425 Gulden als Morgengabe verobligiert.

In der Ketubba, dem Ehevertrag, der bei jeder jüdischen Eheschließung aufgesetzt wird,
waren neben den Namen, dem Datum u. a. auch die allgemeinen und besonderen Verpflichtungen
des Ehemanns gegenüber seiner zukünftigen Frau angeführt. Die Ketubba enthielt
Bestimmungen über die Leistungen, die der Frau im Fall der Scheidung oder Verwitwung
zustanden. Auch die Mitgift war darin fixiert.

Für die Eheschließung der Henlin mit Karle Schweickhart ist die Ketubba nicht erhalten.
Inhalt und Form einer Ketubba möge deshalb folgendes, im Jüdischen Lexikon3 wiedergegebenes
Beispiel veranschaulichen:

»>Am ... Tage der Woche, am ... Tage des Monats ... des Jahres... nach Erschaffung der
Welt, nach der Zeitrechnung, die wir hier in der Stadt X zählen. Es hat N, Sohn des M. zu der
Jungfrau A., Tochter des B. gesagt: >sei mir zur Frau nach dem Gesetze Moses und Israels, und
ich will für dich arbeiten, dich in Ehren halten, dich ernähren und versorgen, nach der Sitte der
jüdischen Männer, die in Redlichkeit für ihre Frauen arbeiten, sie ehren, ernähren und
versorgen. Auch will ich dir die Morgengabe deiner Jungfräulichkeit geben, 200 Sus (Denare) in
Silbermünzen, die dir gemäß der Tora gebühren, wie auch deine Speise, deine Kleidung und all
deinen Bedarf, und ich komme zu dir nach der Weise der ganzen Welt.< Und sie, die Jungfrau hat
eingewilligt, ihm zur Frau zu werden.

Und die Mitgift, die sie vom Hause ihres Vaters mitbekommt, sei es in Silber, Gold,
Schmucksachen, Kleidungsstücken, Hausgeräten oder Bettzeug, beträgt 100 Silbermünzen,
und N. der Bräutigam hat eingewilligt, ihr noch 100 Sus Silbermünzen zuzufügen, sodaß die
ganze Summe 200 Silbermünzen beträgt.

Und N. der Bräutigam sprach also: >Ich übernehme die Gewährleistung für diese Kfetubba],
Mitgift und Zugabe sowohl für mich als auch für meine Erben nach mir, sodaß sie ausbezahlt
werden soll mit dem Besten und Vorzüglichsten meines Vermögens, das ich auf Erde besitze,

1 Vertragsbrief. Lagerort: Staatsarchiv Sigmaringen (zitiert: StAS), Hol CII 7b Nr.6.

2 Simere, Simri = zylindrisches Gefäß. - Vermutlich war Karle Schweickhart ein Korbmacher.

3 Jüdisches Lexikon. Ein enzyklopädisches Handbuch des jüdischen Wissens. Begründet von Georg
Herlitz und Bruno Kirschner. 1927, Nachdruck 1982. Bd. 3, S.672ff.

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