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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zhg1985/0076
Manuel Werner

unter'm 28ten August 1872 abgegebenen Erwiderung auf Beibehaltung der Stelle als Rabbiner
und verlangt, falls er die Rechtspraxis niederlegen solle, von der Gemeinde eine Geldentschädigung
von nicht weniger als 10'000fl. resp. ein Rabbinatsgehalt mit 1400fl. pro fahr nebst
Emolumenten, damit gleichsam eine nicht geringe Probe von Bescheidenheit und Genügsamkeit
gebend. Denn die dieser Forderung vorausgeschickte Darlegung behauptet, obgleich durchaus
wahrheitswidrig, daß er, nach Empfang der Legitimation der Rechtspraxis, der Gemeinde durch
einen mit dem Gemeindevorstande abgeschlossenen Vergleich pecuniäre Vortheile im Betrage
von 8-10000 fl. zugewendet, selbst aber einen noch viel größeren Verlust erlitten habe. Nun
datirt indeß der Vertrag, von welchem hier die Rede, schon ein fahr früher, nemlich vom lOten
December 1848, und es hat derselbe gegenüber dem Anstellungsvertrage des Rabbiners vom 271
29ten September 1834 der Gemeinde wohl bedeutende Mehrausgaben, jedoch niemals die
geringsten pecuniären Vortheile gebracht. Einer bewußten Unwahrheit macht sich Dr. Mayer
auch durch die der vorhin gedachten Behauptung angereihte weitere Angabe schuldig, daß sich
die Gemeinde gegen die von ihm gewährten bedeutenden pecuniären Vortheile verpflichtet
habe, keinen Widerspruch gegen seine Zulassung zur Ausübung der Rechtspraxis erheben zu
wollen. Es liegt auf der Hand, daß, wäre eine derartige Verpflichtung der Gemeinde seiner Seits
wirklich erhoben, ihr Schweigen von ihm förmlich erkauft worden, Dr. Mayer sich auch im
Besitze eines so wichtigen Documents befände, das er sicher producirt haben würde. Ueberdies
endlich ist, zur Abwehr unserer letzten Beschwerde, von ihm noch hervorgehoben worden, daß
die versammelte israelitische Gemeinde auf den Antrag eines Mitgliedes unter'm Uten October
1865 mit überwiegender Majorität dahin entschieden habe, daß er die Stelle als Rabbiner
ungehindert bekleiden dürfe. Auch diese Anführung ist mindestens sehr ungenau. Der Gemeindevorstand
sollte schon damals, nach den Wünschen einer gewissen Anzahl von Gemeindemitgliedern
, zu energischem Einschreiten bestimmt und aufgefordert werden, die unpassende
Verbindung des Rabbinatsdienstes mit der Stellung als Rechtsanwalt mit allen zuständigen
Mitteln von da ab zu verhindern. Zu diesem Zwecke wurde von Josua Weil die Frage zur
Abstimmung verlangt: »Soll es in Betreff der Stellung des Rabbiners Dr. Mayer wie bisher
verbleiben, oder nicht?' Nach lebhafter Debatte sprach sich die Majorität rücksichtsvoll dahin
aus: »daß es vorerst wie bisher verbleiben solle». Seit dem 15ten October 1865 sind mehr als
7 volle Jahre verflossen, und es hat seither der Rabbiner Dr. Mayer durch sein dienstliches
Verhalten als solches häufig zu so erheblichen Ausstellungen den gerechtesten Anlaß geboten,
daß auch der Gemeindevorstand selbst, ohne weitere Anregung der einzelnen Mitglieder, eine
Pflicht erkannt, gegen ein so unerträgliches Gebahren einzuschreiten und die überhandnehmenden
Wiederholungsfälle unmöglich zu machen. Wir glauben demgemäß vor Eurer Excellenz
unsere bereits zur Kenntniß der Königlichen Regierung zu Sigmaringen gekommene Erklärung
ehrerbietigst widerholen zu sollen: daß wir dem Dr. Mayer die fernere Zustimmung der hiesigen
israelitischen Gemeinde zur Fortführung seines Amtes als Rechtsanwalt neben dem von ihm viel
früher übernommenen Amte eines Rabbiners hiemit ausdrücklich entziehen, und daß wir
demnach von ihm die Niederlegung einer dieser beiden Stellen - sei es die als Rechtsanwalt oder
die als Rabbiner - mit aller Entschiedenheit verlangen müssen.

Wenn schon an und für sich von vorneherein, unseres Bedünkens, staatlicher Seits gegen eine
so beispiellos ungleichartige, mit allgemeinem Aufsehen verbunden gewesene und von Fremden
noch fortwährend angestaunte Aemterverschmelzung die gewichtigsten Bedenken obwalten
mußten, so wird, in Folge unserer vorhin abgegebenen Erklärung, wie wir hoffen, eine
genügende Veranlassung gegeben sein, diesem Zustande, dessen Unzuträglichkeiten unsere
Gemeinde so lebhaft empfindet, von Euerer Excellenz ein Ende zu bereiten. Will Dr. Mayer
auch jetzt noch seine Rabbinatsstelle unter allen Umständen beibehalten, so mag er die Stellung
als Rechtsanwalt aufgeben, umgekehrt aber diejenige als Rabbiner, wenn er die Rechtspraxis
beizubehalten vorziehen sollte. Unsere Gemeinde ist mit dem Einen oder Anderen zufriedengestellt
. Sie ist nicht in der Lage, eine Verpflichtung zur Entschädigung des Dr. Mayer anerkennen
zu müssen, noch viel weniger der Staat. Der Rabbiner unserer Gemeinde ist so wenig nach

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