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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zhg1985/0153
Die Juden in Hechingen als religiöse Gemeinde

Radikale Ausweisung droht: Fürst Joseph Wilhelm v. Hohenzollern-Hechingen
(1750-1798) verlobte sich im Jahre 1750 in Wien mit der achtzehnjährigen Prinzessin Maria
Theresia Folch von Cordona und Sylva, Gräfin zu Castelnuovo und Villalva del Alcor. Die
Prinzessin war eine reiche spanische Erbtochter und in Wien Hofdame bei der Kaiserin Maria
Theresia. Zur Bedingung ihrer Vermählung machte sie die Ausweisung aller Israeliten aus dem
Gebiet des Fürsten965. Rabbiner Mayer schreibt: »Schon hatten sie Anstalten zur Auswanderung
getroffen, und zum Theil schon ein Unterkommen in andern Staaten erhalten, als die
Nachricht einlief, daß die Fürstin auf der Reise plötzlich erkrankte und gestorben sei. In Folge
dessen wurden sie wieder geduldet« 966.

Getto: Am 4. Juni 1752 erging der Befehl des Fürsten Joseph Wilhelm von Hohenzollern-
Hechingen an die Juden, ein neugebildetes Getto in der fürstlichen Kaserne in der sogenannten
Friedrichstraße außerhalb der Stadt zu beziehen. Die Gebäude blieben vorerst fürstliches
Eigentum, die Wohnungen wurden zur Miete ausgegeben. Das zum Um- und Ausbau der
Kaserne benötigte Geld mußte von den Juden selbst vorgestreckt werden und wurde später auf
den Mietpreis angerechnet967.

Damit beantwortete der Fürst die immer wieder laut werdende Forderung seiner Untertanen
, die Juden ganz auszuweisen968: Demnach... von Unserer Residenc Stadt Hechingen gegen
die allhier wohnende Judenschafft offtmahlige Beschwerden eingebracht und derselben Ausschaffung
widerhohlter unterthänigst nachgesuchet worden, nun aber Wir um solchen Klagen
die abhelfliche Maaß zu verschaffen, Unß gnädigst entschlossen haben, vorgedachter Judenschafft
Unsere eigenthumliche Gebäude auf der Friederichs-Strasse gegen einen festsezenden
jahrlichen Haußzinnß zu künfftiger Wohnung anweissen zu lassen, ... . Formal wurden die
jüdischen Familien aufgefordert, dem Umzug ins Getto zuzustimmen. Bei Nichteinverständnis
drohte der Fürst allerdings den Israeliten die Ausweisung w.Alß wird solches samtlichen unter
Unserm Schutz stehenden Juden, ...zu geziemender Nachachtung hiermit bekannt gemacht...
und demjenigen, welcher sich hierzu zubequemen nicht gedencket, Unser Schutz aufgekündet
...970.

Die Gettobildung trat also in Hechingen sehr spät ein. Auch mußten nicht alle Juden ins
Getto ziehen. Die Häuserbesitzer und »einige zur Haltung der Synagoge hinlängliche
Haushaltungen« sollten in der Stadt zurückbleiben971. Auch die »Hofjuden« waren ausgenommen
. Nur ein Teil der Judenschaft folgte der Aufforderung des Fürsten, ins Getto zu ziehen.

Am 29.März 1754 wurde den Juden dann »auf die Verwendung Raphaels... der zweite
Schutzbrief, zum Zwecke ihrer Niederlassung in der Vt Stunde von hier [der Kernstadt]
entfernten Friedrichstraße, ausgestellt«972. Bei der Verleihung dieses Judenschutzes bekräftigte
Fürst Joseph Wilhelm von Hohenzollern-Hechingen (1750-1798) seine Absicht, bei dem früher
als Kaserne verwendeten, nun vollständig renovierten fürstlichen Gebäude in der Friedrichstraße
ein Getto einzurichten. Die Juden erbauten daraufhin dort »auch einige Häuser und 1761
eine geräumige Synagoge. So entstand ein Hof, der ein Viereck bildet, und nur von Israeliten
bewohnt wird. In Hechingen durften nur zehen Israeliten wohnen, um den Gottesdienst

965 Vgl. ChH III, S. 158 und M, Spalte 506.

966 M, Spalte 506.

967 Vgl. KR, S. 38. - Im Jahre 1814 erwarben die Juden die Kaserne (vgl. M, Spalte 506).

968 Vgl. KR, S.38f.

969 Zitiert nach KR, S.39. - Lagerort des Befehls: StAS Ho 1 C II 6f. Nr.6.

970 Lagerort: Ebd.

971 Vgl. C,S. 208.

972 M, Spalte 506.

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