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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zhg1985/0160
Manuel Werner

hatten behaupten können 1006. So melden die Hohenzollerischen Blätter am 2. August 1937:
»Jüdischer Hausbesitz soll arisch verwaltet werden« 1007. Ein Artikel vom 21. Februar 1938
ebenfalls in den Hohenzollerischen Blättern gab bekannt, daß die »Buntweberei auf der
Friedrichstraße« nun »in arischem Besitz« sei. Und am 27.5.1938 berichtete dieselbe Zeitung:
»Wieder ein Hechinger Textilbetrieb in deutschen Besitz übergegangen« 1008!

Einen Höhepunkt erreichten die Verfolgungen in der von Goebbels inszenierten
»Reichskristallnacht« vom 9. auf 10. November 1938. SA-Angehörige aus Reutlingen und
Hechingen demolierten den Innenraum der Hechinger Synagoge und zerstörten dabei deren
Einrichtungsgegenstände. Auf Befehl der Außendienststelle der Geheimen Staatspolizei in
Sigmaringen ordnete der Landrat noch in der Nacht die Verhaftung von 15 tunlichst reiche(n)
Juden an. Die Wahl fiel auf sieben Hechinger und acht Haigerlocher Juden. Der Landrat zog die
für die Verhaftung in Hechingen benötigten Gendarmen auf dem Rathaus zusammen und gab
dort (im Benehmen mit dem Stellvertreter des abwesenden Bürgermeisters) die für die
Durchführung der Verhaftung erforderlichen Weisungen. Die Inhaftierten wurden zunächst in
das Amtsgerichtsgefängnis Hechingen eingeliefert, vermutlich die älteren wieder freigelassen,
und die übrigen fünf von der Geheimen Staatspolizei in das Konzentrationslager Dachau
überführt1009. Die im Stadtarchiv Hechingen lagernde Abschrift eines Fragebogens zur
Geschichte der Hechinger Juden beantwortet Frage 25 (Wieviel jüdische Bürger wurden nach
der Kristallnacht in die Konzentrationslager eingeliefert?) fälschlicherweise mit keine.

In den Hohenzollerischen Blättern erschien am 10. November 1938 folgender Artikel:

»Hechingens Marktplatz judenfrei.

Die Arisierung der jüdischen Betriebe und Geschäfte Hechingens schreitet rasch voran. Nun ist
auch das einzige jüdische Geschäft am Marktplatz, das Konfektionshaus Josef Walther,
liquidiert. Das Gebäude wurde von Sattlermeister Karl Kronenbitter käuflich erworben. Das
Ladengeschäft ist an die Singer-Nähmaschinen AG. vermietet und wird von deren Vertreter
Anton Stauß-Bisingen betrieben. - Hechingens Einwohnerschaft wird den Wechsel nicht nur
aus wirtschaftlichen Gründen begrüßen. Bei allen größeren Veranstaltungen und Kundgebungen
auf dem Marktplatz, sowie an Staatsfeiertagen fiel es immer unliebsam auf, daß dieses bisher
in jüdischem Besitz befindliche Haus ohne jegliche Flaggenzier stehen mußte und so die
festliche Harmonie der geschmückten Häuserreihen störte. Da durch den zustande gekommenen
Besitzwechsel der Hechinger Marktplatz vollkommen judenfrei geworden ist, wird er in
Zukunft bei feierlichen Anlässen in seinem Ausschmuck einen einheitlichen Anblick bieten.«

Ein Stadtinspektor berichtete am 11.11.38 folgendes an den Landrat: Im Rahmen der
Vergeltungsaktion für den jüdischen Meuchelmord an dem Diplomaten, Gesandtschaftsrat vom
Rat in Paris hat sich in der Kreisstadt Hechingen Folgendes ereignet: Der Standartenführer der
SA Schuhmacher von Reutlingen erschien mit 3 Mann zwischen 4u. 5 Uhr auf der Polizeiwache

1006 Vgl. ebd.

1007 Der Text des Zeitungsartikels ist in Otto Werner, Leon Schmalzbach (1882-1942). Lehrer und
Rabbinatsverweser in Hechingen, Teil II, Dokument XHIa). In: ZHG 16. 1980, S. 177f. vollständig
abgedruckt.

1008 Dabei handelte es sich um die Zwirnerei und Nähfadenfabrik J. Levi & Co.

1009 Vgl. den Bericht des Landrats von Hechingen an den Regierungspräsidenten in Sigmaringen vom
11. November 1938 - Pol. 1101.4 - betr. Aktionen gegen das Judentum in der Nacht zum 10. November
1938 (Lagerort: StAS Ho 235 I—VIII Nr. 338), den Bericht des Regierungspräsidenten der Hohenzollerischen
Lande an den Preußischen Ministerpräsidenten in Berlin vom 1. Dezember 1938, Nr. P59, betr.
Bericht über die Ereignisse, die sich im hiesigen Bezirk in Verbindung mit den gegen die Juden gerichteten
Maßnahmen abgespielt haben. Vermerk: Schnellbrief! Geheim! (Lagerort: StAS Ho 235 I-VIII Nr. 338)
und die handschriftliche Niederschrift von Carl Hamburger vom 5. April 1943 (Lageron: CAHJP, Inv.
Nr. 1014/9). Der Regierungspräsident berichtet von der Uberführung acht männlicher Juden in das KZ
Dachau, Hamburger von der Einlieferung fünf jüdischer Personen.

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