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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zhg1985/0161
Die Juden in Hechingen als religiöse Gemeinde

und kündigte an, dass die Tat in Paris auch hier gerächt wird. Kurz darauf wurden die Türen zur
Synagoge in der Goldschmiedstrasse eingeschlagen und die gesamte Einrichtung und die Fenster
demoliert. .. Juden zeigten sich bei der Durchführung der Aktion nicht. Es kam zu keinerlei
Zwischenfällen. Die Synagoge, Gebäude Parz. Nr. 208 Goldschmiedstr. 20 steht im Eigentum
der Israelitischen Kirchengemeinde. Die Strasse vor der Synagoge wurde noch in den frühen
Morgenstunden durch städt. Arbeiter aufgeräumt und die herausgeworfenen Gegenstände in
das Haus zurückgebracht. Die Eingangstüren und die Fenster zur Straße sind mit Brettern und
Dielen abgedeckt. Damit ist der Zutritt Unbefugter verhindert. Die seitliche Eingangstüre wird
noch abgesperrt und versiegelt werden. ...Im weitern Verlauf der Aktion wurden auf höhere
Anordnung in Schutzhaft genommen: vormittags zwischen 6u. 7 Uhr 7 Juden, nachmittags um
2 Uhr noch der Jude Dr. Moritz Meyer. Die Personalien der Juden sind: ...1C1C.

Am selben Tag erstattete der Landrat von Hechingen dem Regierungspräsidenten in
Sigmaringen Bericht:

Die in der Nacht zum 10. November im ganzen Reich durchgeführten Demonstrationen und
Aktionen gegen das Judentum setzten in Haigerloch und in Hechingen schlagartig gegen 4 Uhr
bzw. 4.30 Uhr ein. Gegen 4.15 Uhr meldete mir der Gendarmerieposten in Haigerloch, daß er in
das sog. Haag, wo 160 Juden bekanntlich in geschlossener Siedlung wohnen, gerufen sei, und daß
bei seinem Eintreffen bereits sämtliche jüdische Wohnungen sowie die Synagoge und das
zugehörige Badhaus von etwa 50 jungen Leuten demoliert wurden. Er bat um Weisung. Ich
verständigte sofort den Vertreter des Herrn Regierungspräsidenten, den Komandeur der
Gendarmerie sowie den Herrn Oberstaatsanwalt. Während ich im Begriffe stand, mich gegen
4.30 Uhr nach Haigerloch zu begeben, erreichte mich ein fernmündlicher Anruf der Außendienststelle
der Geheimen Staatspolizei, die mich ersuchte, sofort 15 tunlichst reiche Juden
verhaften zu lassen. Falls Aktionen gegen die Juden eingeleitet würden, dürfte nach Mitteilung
der Außendienststelle der Geheimen Staatspolizei nicht dagegen eingeschritten werden. Ich
verständigte darauf den Beamten der Außendienststelle, daß die Aktion in Haigerloch bereits im
Gange sei.

Um die angeordneten Verhaftungen durchführen zu können, zog ich die hierfür benötigten
Gendarmeriebeamten auf das hiesige Rathaus zusammen und gab dort im Benehmen mit dem
Stellvertreter des beurlaubten Bürgermeisters... sowie fernmündlich dem stellv. Bürgermeister
in Haigerloch... die für die Durchführung der Verhaftungen erforderlichen Weisungen. Bei
meinem Eintreffen auf dem hiesigen Rathaus setzten gerade die Demolierungen an der hiesigen
Synagoge und beim Kaufhaus Hofheimer ein.

Nachdem mich ein weiterer femmündlicher Anruf der Außendienststelle erreichte, wonach
alte und kranke Juden nicht zu verhaften seien, schritten die inzwischen eingetroffenen
Gendarmerie- und Polizeibeamten zu nachstehenden Verhaftungen.

a) in Hechingen

1. Kaufmann Edmund Eppstein

2. Handelsvertreter Ernst Grunbacher

3. Kaufmann Otto Hofheimer

4. Versicherungsagent Karl Levi

5. Kaufmann Kurt Model

6. Lehrer i. R. und Rabbinatsverweser Leon Schmalzbach

7. Kaufmann Harry Weil

b) in Haigerloch...

Wegen des Verlaufs der Demonstrationen nehme ich Bezug auf die beigefügten Berichte der
Bürgermeister in Hechingen und Haigerloch.

1010 Lagerort: StAS Ho 235 I-VIII Nr. 338 B1.223.

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