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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zhg1985/0267
Die Landespolizei für Württemberg-Hohenzollern 1945-1952

IV.

In den ersten Monaten nach dem totalen Zusammenbruch war das Bedürfnis nach einer
schlagkräftigen und wirkungsvollen Polizei besonders groß. Die Kriminalität nahm als Folge
der allgemeinen sittlichen Zerrüttung, die einer der verheerendsten Folgen des Krieges war,
immer mehr überhand. Besonders zeigte sich immer mehr, daß es nicht nur das Rachebedürfnis
ausländischer Zwangsarbeiter war, welches die hohe Kriminalitätsbelastung verursachte.

Die württembergische Landesverwaltung hat sich daher in klarer Erkenntnis dieser
Zustände von allem Anfang an nachdrücklichst um die Wiederaufrichtung der deutschen
Polizei bemüht8. Insbesondere trat das Problem des Neuaufbaues der Polizei im Zusammenhang
mit der Errichtung des Staatssekretariats für das Land Württemberg-Hohenzollern9 und
der Übernahme der Verwaltungsgeschäfte durch die einzelnen Landesdirektionen in Tübingen
in ein neues Stadium.

Von Anfang an war im Geschäftsbereich der Landesdirektion des Innern ein Referat für
Polizeifragen unter der Leitung des späteren Landespolizeidirektors Picht eingerichtet. Die
ersten Besprechungen zwischen Picht und dem Chef der Landes-Sürete fanden bereits in den
Monaten Oktober und November 1945 statt.

Die Durchsicht der Besprechungsprotokolle vermittelt ein anschauliches Bild über das
Ringen der deutschen Behörden mit dem Mißtrauen der Franzosen, die die Polizei als
halbmilitaristische Organisation ihre bis ins einzelne gehende Aufmerksamkeit schenkte10.
Anfänglich ist der Antrag des Staatssekretariats zur Schaffung einer einheitlichen Landespolizei
von der Militärregierung in Baden-Baden mit der Begründung versagt worden, eine zentralisierte
Polizei könne das Feld nationalistischer und militaritischer Bestrebungen werden. Es schien
daher zunächst so, als ob die deutsche Polizei in der französischen Zone ihre höchste
organisatorische Zusammenfassung nur innerhalb der Kreise haben werde. Später gelang es aber
doch, das bei der Besatzungsmacht bestehende Mißtrauen zu zerstreuen und sie davon zu
überzeugen, daß gerade eine dezentralisierte Polizei politisch zweifelhaften Elementen weit
eher Unterschlupf zu bieten vermag als eine zentralisierte Einheitspolizei11.

Ende November/Anfang Dezember 1945 erteilte die französische Militärregierung die
grundsätzliche Zustimmung zur Errichtung der Landespolizei gemäß einem vom Staatssekretariat
vorgelegten »Memorandum über die Reorganisation der Polizei«. Wesentliche Einschränkungen
in diesem Memorandum bestanden darin, daß die Rolle der in Tübingen einzurichtenden
Landespolizeidirektion eine rein verwaltungsmäßige bleiben mußte, deren Aufgabenkreis
sich nur auf die Einstellung und Ausbildung der Polizeibeamten, ihre Besoldung, ihre Disziplin,
ihre Urlaubsansprüche u.ä. zu beschränken hatte. Die Exekutive selbst sollte ohne zentrale
Leitung sein und ihre Spitze nach wie vor unter der Kontrolle der Sürete in den Kreisen stehen.
Der an der Spitze der Landespolizeidirektion stehende Landespolizeidirektor durfte lediglich
Verwaltungschef, nicht aber Chef der Exekutive selbst sein.

8 Referat von Landesdirektor Rossmann bei der 5. Landrätetagung am 2. März 1946 über das Thema »Die
künftige Landespolizei der französisch besetzten Zone Württembergs und Hohenzollerns«. Staatsarchiv
Sigmaringen, Bibl. 17 H 2.

9 Am 16. Oktober 1945 wurde das Staatssekretariat für die franz. besetzte Zone eingerichtet. Es bestand
aus den Landesdirektoren für Justiz sowie für Kult, Kunst und Erziehung, des Innern, für Wirtschaft, für
Arbeit und der Finanzen.

10 Friedrich Schäper: Die Polizei des Landes Württemberg-Hohenzollern in den Jahren 1945 bis 1952.
In: 10Jahre Baden-Württembergische Polizei - Ein Dokumentarbericht. Stuttgart 1963. S. 21 ff.

11 Übrigens war auch für die anderen Westalliierten die Dezentralisierung der Polizei ein Gegenstand, an
dem sie ein fast leidenschaftliches Interesse nahmen. Zum Teil geschah es aufgrund von Sicherheitserwägungen
. Man war allseits der Meinung, daß eine Vielzahl getrennter Polizeikräfte unter lokaler Kontrolle mit
sehr wenig Wahrscheinlichkeit als Schattenarmeen benutzt werden konnte. Vgl. Michael Balfour:
Viermächte-Kontrolle in Deutschland 1945-1949. Düsseldorf 1959. S.289.

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