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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zhg1985/0277
Der Landkreis Hechingen 1945-1955

Anschlag an verschiedenen Stellen in der Stadt wurden die Bekanntmachungen und Verordnungen
der Militärregierung der Bevölkerung bekanntgegeben. So durfte sich niemand in der Zeit
zwischen 20.30 und 7 Uhr früh im Freien oder außerhalb seiner eigenen Wohnung aufhalten.
Auch der Ortsbereich durfte nur mit Genehmigung der Militärregierung verlassen werden.
Sämtliche Waffen sowie Fotoapparate, Rundfunkempfänger und Landkarten mußten bei den
Bürgermeisterämtern abgeliefert werden. Auch war der Bevölkerung verboten, einem deutschen
Soldaten Unterkunft zu gewähren. Bei Verstoß gegen eine dieser Anordnungen waren
schwere Strafen, häufig die Todesstrafe, angedroht.

In den folgenden Tagen belegten französische Dienststellen fast alle öffentlichen Gebäude
sowie die Hotels und einige Wirtschaften im Stadtgebiet. Die Ortskommandantur richtete sich
zunächst im Hotel Rad und später im Staatlichen Forstamt in der Fürstenstraße ein. Die
Gendarmerie nahm das Hotel Löwen in der Unterstadt in Besitz. Auch in den umliegenden
Ortschaften entstanden kleinere Ortskommandanturen. Überall beherrschten französische
Soldaten das Ortsbild. Auch die noch im Lande befindlichen ausländischen Zivilarbeiter sahen
ihre Stunde gekommen. Sie holten Waren aus den Geschäften, ohne an eine Bezahlung zu
denken, und mancherorts kam es zu regelrechten Plünderungen. Widerstand wagte niemand zu
leisten.

Als die Fronttruppen nach drei Tagen weiterzogen und die ersten Besatzungseinheiten
nachrückten, begann die Zeit der Abgaben und Beschlagnahmungen. Möbel und Gebrauchsgegenstände
aller Art wurden bei der Bevölkerung herausgeholt, wobei meist das Beste und
Wertvollste ausgewählt wurde. Auch Zimmer und ganze Wohnungen wurden mit Beschlag
belegt, und oft mußte die gesamte Wohnungseinrichtung dem einziehenden Militär überlassen
werden. Frühere Mitglieder der NSDAP hatten unter solchen Maßnahmen in erster Linie zu
leiden. Daran änderte sich auch nichts, als sich Anfang Mai in Hechingen die erste Militärregierung
einrichtete und als am 15. Mai der neue Kreisgouverneur, Oberst Brochu, mit seinem Stab
hier eintraf. Als Sitz der Militärregierung wurde das Verwaltungsgebäude der Hohenzolleri-
schen Landesbahn in der Hofgartenstraße bestimmt, und dieses blieb der Mittelpunkt der
französischen Verwaltung für Stadt und Kreis Hechingen in den ersten Jahren der Besatzung.

Einen betrüblichen Anblick boten die in den ersten Nachkriegstagen durch unsere
Gemeinden geführten deutschen Kriegsgefangenen. Sie kamen in größeren und kleineren
Gruppen, meist bewacht von französischen Kolonialtruppen. Der größte Transport von etwa
3000 Mann zog am 30. April vom Killertal her durch Hechingen; die Soldaten übernachteten auf
Strohlagern in der Schloßbergschule. Die deutsche Bevölkerung durfte keine Verbindung mit
ihnen aufnehmen, jedoch konnten die Gefangenen durch die Ortsgruppe des Roten Kreuzes
verpflegt werden.

Veränderungen in der Verwaltung.
Ubergriffe der Besatzung

Schon wenige Wochen nach dem Einmarsch wurden der Hechinger Landrat und die meisten
Bürgermeister im Kreis von der Militärregierung abgesetzt, und Männer, die im Dritten Reich
verfolgt wurden oder diesem zumindest ablehnend gegenüberstanden, in diese Ämter berufen.
Ihre Aufgabe war es, die erforderlichen Verhandlungen mit den örtlichen Besatzungsbehörden
zu führen und die oft harten und einschneidenden Anordnungen an die Bevölkerung
weiterzugeben und ihre Befolgung zu überwachen. In Hechingen wurde zunächst Clemens
Moser von der französischen Militärregierung zum Landrat ernannt. Dieser war bis 1933
Studienrat am Hechinger Gymnasium und wurde nach der Machtübernahme der NSDAP im
Jahre 1933 wegen seiner politischen Tätigkeit - er war engagierter Zentrumspolitiker und als
solcher Mitglied des Preußischen Staatsrats - aus dem Schuldienst entlassen. Schon nach etwa
vier Wochen wurde Moser Regierungspräsident in Sigmaringen, und Dr. Peter Remark wurde

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