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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zhg1985/0283
Der Landkreis Hechingen 1945-1955

Oberst Courtois

Colonel Courtois kam, wie bereits bemerkt wurde, auf Anordnung der französischen
Militärregierung am 1. August 1947 als Nachfolger von Colonel Brochu nach Hechingen. Als
Kreisgouverneur von Tübingen, wo er zuvor 19 Monate eingesetzt war, hatte er sich großer
Sympathie erfreut. Auf einer Landrätetagung in Tübingen am 19. April 1947 bezeichnete ihn der
damalige Regierungschef von Württemberg-Hohenzollern Staatsrat Professor C. Schmid als
Muster eines wohlmeinenden Besatzungsoffiziers. Bei seinem Abschied von Tübingen wurde
von verschiedenen Rednern gesagt, er verkörpere den toleranten und ritterlichen Offizier, der
für die Sorgen der Bevölkerung immer ein offenes Ohr gehabt habe.

Die erste offizielle Begrüßung des neuen Kreisgouverneurs fand am D.August 1947 im
Amtszimmer des Landrats im alten Landratsamt in der Kaufhausstraße statt. Anwesend waren
neben einigen Beamten des Landratamts und den Mitgliedern des Kreisausschusses auch
Vertreter der anderen Hechinger Behörden, der Schulen, der Industrie, der Gewerkschaften
sowie die Bürgermeister von Hechingen, Haigerloch, Burladingen und Bisingen. Eine kleine
Begebenheit bei dieser ersten Begegnung mit dem neuen Colonel ist mir in lebhafter Erinnerung
geblieben. Als dieser mit seinem Adjutanten und seinem Chauffeur vor dem Landratsamt
anfuhr, blieb ich zunächst mit den anderen Herren in meinem Arbeitszimmer. Einen Empfang
vor dem Hause hielt ich nicht mehr für angebracht, da der Krieg schon über zwei Jahre beendet
war und sich die Verhältnisse wieder einigermaßen normalisiert hatten. Da erschien der
Adjutant und sagte: Herr Landrat, der Herr Gouverneur ist angefahren; er erwartet, daß Sie ihn
vor dem Haus empfangen. Um unliebsame Weiterungen zu vermeiden, folgte ich der
Aufforderung.

Als wir oben angekommen waren, begrüßte ich Colonel Courtois namens der Anwesenden
und machte einige Ausführungen über den Kreis, seine Struktur und seine wirtschaftlichen und
sozialen Verhältnisse. Er antwortete in durchaus verbindlicher Weise. Er wolle, so sagte er,
überallhin Verbindungen aufnehmen und die Gemeinden, die Bürgermeister und Pfarrer, die
Schulen sowie die sozialen und wirtschaftlichen Einrichtungen im Kreisgebiet besuchen, um
dann aus eigener Kenntnis entscheiden und die Aufbauarbeit im Kreis fördern zu können. Im
Anschluß an seine Ausführungen ließ er sich alle Anwesenden einzeln vorstellen. Die ersten
Wochen der Amtszeit des neuen Gouverneurs waren ausgefüllt mit den bei seiner Vorstellung
angekündigten Besuchen in den Gemeinden des Kreises. Der erste Besuch galt der Stadtverwaltung
Hechingen, dann folgten Haigerloch, Burladingen und Bisingen. Er wurde jeweils von
seinem Adjutanten, einem Elsässer, der als Dolmetscher fungierte, und dem Landrat begleitet.
Nach der offiziellen Vorstellung in den Rathäusern besichtigte er die besonderen wirtschaftlichen
und kulturellen Einrichtungen in den betreffenden Gemeinden. In Haigerloch z.B.
besuchte er nach der Domäne Seehof und der landwirtschaftlichen Schule auf dem Schloß das
Missionshaus der Weißen Väter, dem sein besonderes Interesse galt. Dabei bemerkte er, daß er
die Bekanntschaft mit den Weißen Vätern schon früher in Afrika gemacht habe und daß sie ihm
seither in bester Erinnerung seien. In Burladingen und Bisingen besichtigte er verschiedene
Fabriken und auch kleinere Betriebe, um auch deren Sorgen und Nöte kennen zu lernen. In
Rangendingen fand die frühere Klosterkirche sein besonderes Interesse. In mehreren Gemeinden
suchte er auch die Ortsgeistlichen auf und ließ sich von ihnen ihre Kirche zeigen.

Neben den Gemeindevisitationen die sich mehrere Wochen hinzogen, besuchte Colonel
Courtois auch alle Veranstaltungen im Kreis, von denen er annahm, daß seine Anwesenheit
wünschenswert oder mindestens angebracht sei. So fand man ihn bei Musik- und Trachtenfesten
wie auch bei Bürgermeisterversammlungen und Tagungen der Kreisversammlung. Schon
in den ersten Wochen stattete er auch der staatlichen Oberschule in Hechingen einen Besuch ab,
wobei er sich die Lehrer vorstellen ließ, sich nach ihrem Unterrichtsfach erkundigte und
anschließend dem französischen und englischen Unterricht in mehreren Klassen beiwohnte.
Alle diese Begegnungen waren von einer verbindlichen und wohlwollenden Gesinnung

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